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Wirtschaft > Zombies und Raketen - Auf Kosten anderer Leute ist gut wirtschaften

Was sind eigentlich Zombie-Unternehmen?

Alles spricht über Zombie-Unternehmen. Wir jetzt auch. Und nein, damit sind nicht Beerdigungsinstitute mit gruseliger Kundschaft gemeint. Von Reinhard Schlieker

Wirtschaftskrisenkonzept bei COVID-19, Quelle: Shutterstock
Wirtschaftskrisenkonzept bei COVID-19, Quelle: Shutterstock

Allerlei fürsorgliche Maßnahmen der auch sonst fürsorglichen deutschen Regierung sorgen derzeit dafür, dass angesichts der Corona-Pandemie, Welle 1 bis X, so schnell niemand die Segel streichen oder gar „Mann über Bord“ rufen muss. Die mit guten Grund zum Beispiel existierende Pflicht, bei drohender Zahlungsunfähigkeit diese nicht etwa zu verschleiern, sondern die Karten amtlich auf den Tisch zu legen, ist vorerst perdu, und das Unternehmen mithin gerade nicht. Es darf weitergewurstelt werden, und Lieferanten und Kunden können bestenfalls rätselratend hoffen, dass Ware bezahlt beziehungsweise geliefert wird.

Gut gemeint ist bekanntlich fast das Gegenteil von gut gemacht, denn die Absicht hinter dem, was nun für grobe Unsicherheit im Wirtschaftsleben sorgt, war die Erhaltung von Firmen, denen Corona nur mal kurz die Bilanz verhagelt. Was schon rational nicht so recht zu erfassen ist, denn weder zum Zeitpunkt des Erlasses noch bis heute weiß ja irgendjemand, wann die Pandemie-Sondersituation vorbei sein wird und welche Schadenswirkung bei wem nun genau darauf zurückzuführen ist. Und dass die Insolvenz-Ausnahmeregel etwa bis zum Verabreichen eines garantiert wirksamen Impfstoffes gelten sollte, ist bislang nicht bekannt geworden.

Bis dahin, so steht zu vermuten, gingen dann auch vorübergehend geschonte Pleitefirmen über die Klippe, denn irgendwann ist jede Show zu Ende. Genau davor fürchten sich Analysefirmen wie Schufa oder Creditreform: Wenn tatsächlich nun zunächst die Regelung für zahlungsunfähige Unternehmen Ende September ausläuft, für coronabedingt überschuldete dann zum Jahresende, gibt es mehrere Stunden der Wahrheit, es sei denn, die Bundesregierung lässt sich weitere Verschonungen einfallen. Vom Reisebüro bis zum Hotel, von der Kinokette bis zum Café droht ein kalter, zugiger Herbst. Und vom Sog der Pleiten können dann sogar große Mittelständler und auch die Börsen erfasst werden, die zusätzlich zur Ertragsdelle durch Corona dann auch noch Zahlungsausfälle verkraften müssen. Kreditversicherer sind not amused.

Das sind übrigens derzeit auch nicht die freien Aktionäre der weltberühmten Firma Rocket Internet. Wenn alles so kommt wie kolportiert und geplant, war es für hoffnungsfrohe Anleger der ersten oder zweiten Stunde ein Rohrkrepierer. Dabei hätte schon der – Verzeihung – reichlich dämliche Name der Startup-Beteiligungsfirma Warnung sein können; die bedeutende Rolle der hinlänglich bekannten Samwer-Brüder eine weitere. Deren Konzept war es im wesentlichen, fremde (Internet-)Konzepte im Ausland mehr oder weniger abzukupfern und dem hiesigen Markt anzupassen: Klone nannte man die dann. Sodann ab an die Börse  - vom Wirken der Samwer-Brüder kündet nicht nur der Rocket-Kurs, der weniger als die Hälfte des Emissionspreises ausmacht (42,50 2014 gegenüber jetzt etwa 18,60), sondern auch der Reibach, den man schon seit 20 Jahren mit Käufen und Verkäufen macht – anfangs auch Firmen zweifelhaften Rufes wie Jamba, ein damals aggressiver Klingeltonvermarkter. So was gab es. Neben Erfolgsgeschichten wie Zalando oder Delivery Hero, wo frühe Aktionäre gut verdienen konnten, gab es reichlich Flops wie Home 24 oder Westwing, die an der Börse wenig überzeugen konnten. Das Geschäftsmodell der Samwers auf eigene Rechnung ist dagegen fast narrensicher und zombiefrei. Wenn nun Rocket Internet für gut 18,50 Euro von der Börse genommen werden soll, so haben die Aktionäre neben dem Schaden noch schnoddrige Samwer-Bemerkungen zu tragen, etwa, dass Rocket den Kapitalmarkt nun nicht mehr brauche. Na dann Glückwunsch und weiterhin frohes Gelingen.

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