Banken sitzen auf „Benko-Bombe“
Der Kaufhauskönig René Benko übergibt den Vorsitz des Beirats seines Unternehmens an einen Sanierungsexperten. Das Unternehmen steckt in Riesenschwierigkeiten. Die Bankenaufseher haben davon schon seit Monaten gewusst und die Banken gewarnt - nicht ohne Grund. Als erste gerät eine Schweizer Bank wegen eines hohen Kredits an ein Benko-Unternehmen unter Druck. Aber auch deutsche und österreichische Geldhäuser haben bislang auf den Kaufhauskönig gesetzt. Sie müssen jetzt sichern, was noch zu sichern ist.Von Oliver Stock / The European

Die Schwierigkeiten von Kaufhauskönig René Benko setzen nun auch Banken unter Druck: Nach Informationen des Schweizer Banken-Magazins „Inside Paradeplatz“ muss eine der weltweit größten Vermögensberater-Banken um mehr als eine halbe Milliarde Euro bangen, die sie in Benkos Firmen investiert hat. Die Bank Julius Bär sitze auf der „Benko-Bombe“, heißt es bei den Schweizer Insidern. Der Kurs der mittlerweile zweitgrößten Bank des Landes ist nicht zuletzt deswegen in den vergangenen vier Wochen um mehr als zehn Prozent gesunken.
Damit tritt genau das ein, wovor die Aufseher der Europäische Zentralbank seit Monaten gewarnt hatten. Die sorgten sich bereits im Frühjahr um die Risiken aus Krediten an Benkos Finanzholding Signa. Die Notenbank ist alarmiert, weil möglicherweise die Schulden von Benkos Finanzgruppe mehrere europäische Banken besonders belasten könnten. Bei der EZB in Frankfurt „kommentiert man den Sachverhalt nicht“, was immerhin heißt, dass es hierzu tatsächlich einen Vorgang gibt. Neben der Schweizer Bank soll Signa auch bei der österreichischen Raiffeisenbank heftig in der Kreide stehen. In Wien musste deswegen Finanzminister Markus Brunner im Parlament Stellung beziehen, ob eine Schieflage von Benkos Gruppe den gesamten Finanzplatz Wien in den Abgrund reißen könnte.
Benkos Unternehmen befinden sich im Sinkflug, seit die Wende an den Finanzmärkten, die Refinanzierung von Immobilienkrediten merklich teurer gemacht hat, während gleichzeitig der Wert von teuren Innenstadtgebäuden abnimmt. Den Kreditgebern blüht, dass sie ihre Sicherheiten neu berechnen und möglicherweise hohe Beträge abschreiben müssen. Das könnte so manches Geldhaus in die Bredouille bringen. Deshalb wollte die EZB offenbar Klarheit über Benkos Finanz- und Immobilienimperium schaffen und die Banken zu einer höheren Risikovorsorge auffordern. Es bestehe das Risiko, dass am deutschen und europäischen Markt für Gewerbeimmobilien der Druck steigt, warnte jüngst auch die Vizepräsidenten der Deutschen Bundesbank Claudia Buch.
Benko ist in Deutschland vor allem wegen seines Engagements in Luxuskaufhäusern wie dem KaDeWe in Berlin und dem Alsterhaus im Hamburg bekannt. Seine Firmenholding Signa ist Eigentümer bei Galeria Kaufhof. Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern hatte Ende vergangenen Jahres erneut Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. Inzwischen hat der Konzern das Insolvenzverfahren abgeschlossen. Der Sanierungsprozess dauert aber an. Der rechtskräftig gewordene Sanierungsplan sieht die Schließung von rund einem Drittel der zuletzt noch 129 Filialen vor.
Vor vier Jahren war Benko auch mit der Immobilientochter der Commerzbank, der Commerz Real handelseinig geworden, die sich damals mit 20 Prozent an einem Portfolio aus zehn Kaufhof-Warenhäusern beteiligt hatte, um dieses gemeinsam mit Signa weiterzuentwickeln. Die Rede war von einer „strategischen Partnerschaft“, sie ist seit Juni schon wieder beendet. Heute geht auch die Commerzbank auf Abstand. Kurz vor Beginn der Hochbauarbeiten des Hochhauses „Mynd" am Berliner Alexanderplatz hat Commerzbank Real dem Projektentwickler Signa Real Estate gekündigt. Zu dem Bauvorhaben gehört neben einem 134 Meter hohen Turm ein mit ihm verbundenes Galeria-Warenhaus am Berliner Alexanderplatz. Die Commerzbank-Immobilientochter will das Projekt jetzt ohne das Benko-Unternehmen fortführen. Nur beim Elbtower, einem gigantischen Bauvorhaben in Hamburg, das inzwischen auch ins Stocken geraten ist, sitzen Commerzbank Real und die Benko-Firma noch in einem Boot.
Eine der vielen Benko-Firma, die Signa Development, wurde soeben von einer Ratingagentur auf „Ramschlevel“ gesetzt, das heißt, dass Kredite an sie extrem unsicher sind. Wichtige Investoren, die Benko bisher die Treue gehalten haben, darunter der deutsche Unternehmer und Milliardär Klaus-Michael Kühne sowie der ehemalige österreichische Strabag Chef Hans Peter Haselsteiner gehen auf Abstand zu dem „Ösigarchen“, wie Benko in der Finanzszene genannt wird. Ihr Veto dürfte Benkos Rückzug vom Beiratsvorsitz seiner Holding jetzt beschleunigt haben. An seine Stelle tritt Arndt Geiwitz, der bereits einmal erfolglos und nun wieder die Galeria-Kaufhof saniert. Die Probleme bei den Banken aber bleiben auch nach dem Führungswechsel bestehen. Weder die Bank Julius Bär noch die Signa-Gruppe wollen zum aktuellen Fall Stellung nehmen.