Die CDU wählt am 22. Januar Friedrich Merz zu ihrem neuen Vorsitzenden. Merz hatte in einer Mitgliederbefragung 62,1 Prozent der Stimmen hinter sich versammelt und damit einen deutlichen Sieg errungen. Auf Merz’ Mitbewerber Helge Braun entfielen 12,1 Prozent, auf Norbert Röttgen 25,8 Prozent der Stimmen. Beide sprachen von einem “klaren” Ergebnis. Es gilt daher als sicher, dass sich die 1001 Delegierten des Parteitages an das Votum der Mitglieder halten werden.
Offen ist hingegen die Frage, wer in Zukunft die Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU im Bundestag führen wird. Amtsinhaber Ralph Brinkhaus kämpft seit Wochen verbissen darum, im Amt zu bleiben. Die Mehrheit der CDU-Fraktion will ihn durch Friedrich Merz ersetzen und Merz damit zum Oppositionsführer im Bundestag machen. Brinkhaus hat gehofft, dass die CSU-Landesgruppe daran kein Interesse habe. Schon um die Tür für einen zweiten Anlauf Markus Söders zur Kanzlerkandidatur 2025 offen zu halten. Doch nun hat Söder selber die Angelegenheit entschieden.
In einem Interview mit dem „Münchner Merkur“ erklärt der bayerische Ministerpräsident, das Friedrich Merz „das erste Zugriffsrecht“ auf den Vorsitz der gemeinsamen Bundestagsfraktion von CDU und CSU habe. Damit versammelt er die CSU-Abgeordneten hinter Merz und versagt Brinkhaus die Gefolgschaft. Brinkhaus hatte noch vor wenigen Tagen erklärtr, von sich aus nicht zugunsten des künftigen CDU-Vorsitzenden auf sein Amt zu verzichten. „Wenn die Fraktion das wünscht und wenn die Fraktion mich wählt, dann werde ich das also auch gerne nach dem 30. April weitermachen“, sagte er. Nun dürfte Brinkhaus alsbald von sich aus zurück ziehen.
Für Merz und die Union ist diese Entscheidung von hoher Bedeutung, da der neue Parteichef die Bühne des Parlaments und den Fraktionsapparat braucht, um den Anspruch der Union, Reserve-Kanzlerpartei zu sein, zu erfüllen. Für Merz schließt sich damit ein schmerzvoller Kreis mit der CSU. 2002 war es CSU-Chef Edmund Stoiber, der nach der damaligen Unions-Wahlniederlage den Streit zwischen Merkel und Merz um den Fraktionsvorsitz entschied – gegen Merz. Nun ist wieder ein CSU-Chef, Markus Söder, der Merz genau diese Tür zur Macht wieder öffnet. Im Umkreis von Söder ist zu hören, dass diese Entscheidung ein Signal zur „neuen Geschlossenheit“ von CDU und CSU sei. Beide Seiten hätten ein Interesse, dass die Streitereien der vergangenen Jahren beendet werden müssten. Merz und Söder hatten bei einem Spaziergang am Kirchsee (unweit von Bad Tölz in Oberbayern) eine Aussprache und dabei offenbar wesentliche Machtfragen einvernehmlich geklärt.