Menschlichkeit gegen Bürokratie
Kirchenasyl steht nicht außerhalb der Rechtsordnung. Es geht einzig darum, Zeit zu schaffen, um menschenrechtlich sensible Einzelfälle zu überprüfen. Die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats wird dadurch sogar gestärkt.

*Den Text vorlesen lassen:* Am 13. Oktober 1983 standen drei verzweifelte palästinensische Familien vor der Tür einer Berliner Kirchengemeinde und baten um Hilfe. Sie sollten in den Krieg im Libanon abgeschoben werden. Die Gemeinde nahm die Familien auf und trug dazu bei, dass sie eine rechtlich geregelte Aufenthaltserlaubnis erhielten. So kam es vor mehr als 30 Jahren zum ersten Kirchenasyl. Zwei Jahre später gründete sich der ökumenische Arbeitskreis „Asyl in der Kirche“, der heute bundesweit tätig ist. Kirchenasyl schafft Zeit für die erneute Überprüfung einer Abschiebung. Es ist die letzte Möglichkeit, gemeinsam mit den Behörden eine Lösung zu erarbeiten, um die Rechte von Flüchtlingen geltend zu machen. Kirchengemeinden, die nach sorgfältiger Prüfung Kirchenasyl gewähren, tragen dazu bei, Menschen zu ihrem Recht zu verhelfen. Dabei tun sie dies nicht wahllos. Sie gewähren nur dann Asyl, wenn es ernste Anhaltspunkte dafür gibt, dass bei einer Abschiebung in ein anderes Land Freiheit, Leib und Leben bedroht wären. So verfahren die Kirchengemeinden auch heute noch. Das Kirchenasyl steht also in einer guten Tradition. Bisher führte es in 90 Prozent der Fälle dazu, dass Flüchtlinge eine rechtlich geregelte Aufenthaltserlaubnis erhielten.