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> Wikileaks und die Diplomatie
Pssst!
Die von Wikileaks veröffentlichten US-Depeschen werden weltweit diplomatische Bemühungen erschweren. Wer Angst hat, dass seine Einschätzung morgen in der Presse zu lesen ist, wird im Zweifelsfall lieber schweigen. Doch Wikileaks bedroht nicht nur Staaten, auch Unternehmen werden demnächst um ihre geheimen Interna fürchten müssen.

Welchen Wert hat die Diplomatie, wenn sie keine Geheimnisse mehr haben darf? Die Antwort: keinen. Was kann Diplomatie erreichen, wenn Vertraulichkeit verteidigt wird? Viel. Als ehemaliger US-Botschafter und Karrierediplomat mit mehr als 30 Jahren Erfahrung in der internationalen Diplomatie glaube ich, das ganz gut beurteilen zu können.
Verlorenes Vertrauen
Diplomatie ist Kommunikation – nicht mehr und nicht weniger. Diplomaten müssen zuhören können, sie müssen Ideen zu kontroversen Themen austauschen und zwischen unterschiedlichen Positionen vermitteln. "Sie müssen Lösungen finden, bevor Probleme eskalieren(Link)":http://www.theeuropean.de/debatte/1278-guantanamo-bay und Gewalt angewendet wird. Bei den Verhandlungen geht es darum, in vertraulicher Atmosphäre Alternativen, Ideen und Lösungsansätze zu diskutieren. Wenn diese publik werden, kann die Einigung scheitern. Um effektiv arbeiten zu können, müssen Diplomaten andere Länder im Detail verstehen: ihre politischen und wirtschaftlichen Strukturen, ihre Gesprächspartner und die Prozesse der politischen Entscheidungsfindung. Auch das setzt Kommunikation voraus.Qualität der Informationen wird abnehmen
Durch die massenhafte Veröffentlichung von diplomatischen Depeschen haben andere Nationen natürlich das Vertrauen in die US-Diplomatie verloren. Sie glauben nicht mehr, dass vertrauliche Informationen auch vertraulich bleiben. Dieses Vertrauen wieder herzustellen wird Zeit brauchen. Gleichzeitig müssen wir neue technologische Wege beschreiten, um die Absicherung unserer Kommunikationskanäle nach außen zu verstärken – oder unsere Kommunikationsgewohnheiten umzustellen und zu verlagern. Läutet die Wikileaks-Affäre das Ende der Diplomatie ein? Nein. Aber sie wird dazu beitragen, dass die Offenheit ausländischer Gesprächspartner gegenüber unseren Diplomaten sinkt und die Qualität der Informationen abnimmt. Die Konsequenz davon ist, dass die internationale Gemeinschaft "weniger effektiv mit Krisen(Link)":http://www.theeuropean.de/debatte/2732-die-zivilgesellschaft-im-irak umgehen können wird. Fehlende Einigung befördert Gewalt. Wikileaks hat ein neues Kapitel der zwischenstaatlichen Kommunikation aufgeschlagen. Doch auch Unternehmen sind bedroht. Die können darauf wetten: In naher Zukunft werden weitere Daten publik werden – auch aus anderen Nationen – und die Probleme der Welt verstärken. Es stimmt, dass in einer Demokratie ein berechtigtes öffentliches Interesse an der Arbeit der Regierung besteht, zum Beispiel, wenn die Politik große Risiken eingeht oder massiv Steuergelder einsetzt. Doch die meisten der von Wikileaks veröffentlichten Dokumente scheitern an dieser Hürde. Sie spielen denjenigen in die Hände, die die USA bloßstellen wollen und Eigeninteressen verfolgen. Ihnen bleiben diese Informationen normalerweise verschlossen. Wikileaks ist ein Wendepunkt in der internationalen Politik. "Seine Dimensionen(Link)":http://svtplay.se/v/2264028/wikirebels_the_documentary werden wir erst langsam verstehen lernen.Kommentare (0)
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