Ein großes Loch
Wikileaks hat wieder zugeschlagen: Ein obskurer, intransparenter Haufen unter einem weißhaarigen Sonderbaren entkleidet die Supermacht USA. Ihr Botschafter in Deutschland, Phil Murphy, muss seine Koffer packen. Viele zittern vor den nächsten Enthüllungen. Allein: Wer enthüllt eigentlich, was genau hinter Wikileaks steckt?

Es ist überhaupt nichts Besonderes, dass Dossiers und Notizen angefertigt werden. Von Politikern, Wirtschaftsbossen, Medienmenschen. So machen das Diplomaten eben. Und was stand schon aufregend Neues in den Depeschen des amerikanischen Botschafters in Deutschland? Dirk Niebel eine "schräge Wahl“, Horst Seehofer "unberechenbar“. Das hätte Phil Murphy aus der Zeitung abschreiben können, das hätten Hillary Clintons Beamte beim Lesen von The European oder anderen deutschen Qualitätsmedien auch erfahren können. Vielleicht gibt es die arme FDP-Wurst am Ende gar nicht, die sich aus vermeintlichem Geltungsdrang heraus dem Vertreter der letzten Supermacht in unserem armen und gebeutelten Land ans Bein geworfen und anheischig gemacht hat. Vielleicht ist es der Geltungsdrang des Botschafters selbst? Auf jeden Fall ist es eine Frechheit, jedes, aber auch jedes Wort, so wie es scheint, das man zu ihm spricht, diplomatisch zu verwerten. Diplomatisch – oder nachrichtendienstlich? Der SPIEGEL deutet die Depeschen in diese Richtung, ihr Wortlaut legt das nahe. Im Prinzip bleibt dem US-Botschafter nichts anderes übrig, als die Bundesrepublik zu verlassen.