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> Wie Europa die Krise meistern kann

Nieder mit dem Pessimismus!

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Europa ist nicht gescheitert. Aber wenn die Union noch 2034 funktionieren soll, brauchen wir mehr und nicht weniger Integration.

The European

Nach der Krise steht die Europäische Union am Scheideweg. Die Entscheidungen von heute sowie die Entwicklungen der kommenden Jahre werden nicht nur die zukünftige Form der Europäischen Union bestimmen – sondern auch über die Existenz der Union entscheiden. Seit 2008 erlebt das europäische Projekt mehrere Schockmomente, die wesentliche Schwachstellen der Europäischen Währungsunion aufzeigen. Die politische Führung hat es bislang verpasst, alle erkannten Defizite schnell und entschieden zu korrigieren. Gleichzeitig hat Europa mit einer ganzen Reihe anderer Probleme zu kämpfen: dem demografischen Wandel, der Jugendarbeitslosigkeit sowie einer Erosion seiner Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit.

Die Wunden der Krise heilen
Darüber hinaus existiert die EU in einem hyperaktiven globalen Umfeld voller Machtverschiebungen. Plötzlich werden Länder tonangebend, die bis vor Kurzem nur eine unbedeutende Rolle spielten. Im Jahr 2034 wird die weltweite Macht bedeutend anders verteilt sein. Selbst wenn die BRIC-Staaten keine Hegemonie erlangen, sollte bis dahin eine multipolare, globale Gemeinschaft entstanden sein. In einem derart dynamischen Umfeld muss Europa einen Weg finden, seine globale Führungsrolle aufrechtzuerhalten, effektiv gegen Mitbewerber zu konkurrieren und nationalen Alleingängen die Stirn zu bieten – vor allem im Angesicht der ökonomischen Probleme der letzten fünf Jahre. Europa muss einen ausbalancierten Wachstumspfad finden – und einschlagen. Diese Suche wird die Herausforderung der kommenden Jahre sein. Um ihr zu begegnen, muss Europa den Beweggründen und Werten verpflichtet bleiben, die seiner Einigung zu Grunde liegen: Frieden, Demokratie, Solidarität, Gleichheit, Entwicklung und Wohlstand. Das ist nicht nur eine Frage von Worten, sondern hauptsächlich eine Frage von Taten – zum Beispiel die Vervollständigung der Währungsunion sowie weitere Schritte in Richtung einer wirtschaftlichen und politischen Union. Wenn dies der Fall ist, wird Europa im Jahr 2034 die Wunden der Wirtschaftskrise geheilt haben. Nach einem weiteren Jahrzehnt der Stabilisierung und Haushaltsdisziplin werden die Europäer die Notwendigkeit erkannt haben, weitere wirtschaftliche sowie politische Integration zu forcieren. Rettungsschirm-Abkommen und durch Sparpolitik geleitete Finanzhaushalte werden von einer funktionellen Bankenunion abgelöst, die finanzielle Stabilität garantiert und Investitionen ermutigt. Bis 2034 wird eine Finanzunion mit starkem Gemeinschaftshaushalt und einem gemeinsamen Finanzkommissar für alle Mitgliedstaaten etabliert sein. Die Euro-Zone wird die Befugnisse und Pflichten der Europäischen Zentralbank erweitert haben, um aus ihr endlich eine richtige Zentralbank zu machen, welche auch als Kreditgeber letzter Instanz für die Mitgliedstaaten einspringen kann. Zudem wird zentrales Schuldenmanagement inklusive Eurobonds etabliert sein. Die kontinuierliche Vertiefung des Binnenmarkts sollte in einer strategischen Neuverteilung der Ressourcen münden: Wir müssen den europäischen Produktionssektor wiederbeleben und uns dabei auf neuen Herstellungstechniken, Clustering und neue Technologien konzentrieren. Das unterstützt besonders die südlichen Mitgliedstaaten der Union. Ich bin hoffnungsvoll, dass die Welt an der politischen Front einen Demokratisierungsprozess durchlaufen wird. Im Jahr 2034 sollte sich die EU und die Euro-Zone erfolgreich nach Osten erweitert haben, um zentrifugale Tendenzen zu vermeiden, die nicht zuletzt von fremdenfeindlichen und extremistischen Stimmen ausgelöst werden. Um ihnen Einhalt zu gebieten, muss auch die Einwanderungspolitik reformiert werden, um die Migrationsströme gleichermaßen über die Union zu verteilen und gemeinsam gegen organisiertes Verbrechen sowie zugunsten von Integration vorzugehen.
Ein neuer Verfassungsvertrag
Mit ziemlicher Sicherheit werden 2014 extremistische Parteien in das Europäische Parlament gewählt werden. Moderate und progressive Kräfte müssen sie überwinden – und bis 2024 einen neuen Verfassungsvertrag vorstellen. Das hört sich zu sehr nach Wunschdenken an. Doch das muss es nicht sein: Mir kommen die Worte von Mark Leonard, Autor des Buches „Why Europe will run the 21st Century“ in den Sinn: „Mein Ziel ist es, das bedrückende Joch des Pessimismus abzuschütteln, bevor es zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung wird.“
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