Staatskünstler statt Jammerlappen zur Bewältigung der Euro-Krise
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Finanzpolitische Akteure stecken lieber den Kopf in den Sand, als ihrem Job nachzugehen. Damit verspielen sie nicht zuletzt die Chancen für ein geeintes Europa.

Quittiert ein Bauer seinen Dienst, weil er eine schlechte Ernte fürchtet? Wohl kaum. Wer sich mit seiner Meinung in politischen Gremien nicht durchsetzt und deshalb seine Backförmchen in die Ecke schmeißt, kann nichts mehr gestalten. Wer sich kopflos vom Acker macht, verschlimmert die Lage. Wer als Schlaumeier außer Dienst seinen Senf ablässt, hätte es in seiner aktiven Zeit doch besser oder anders machen können. Insofern sehe ich die Demission von "Jürgen Stark als Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB)":http://www.sueddeutsche.de/geld/juergen-stark-verlaesst-ezb-auslaufmodell-bundesbank-1.1141687 und Axel Weber als Bundesbankpräsident nicht als Weckruf, sondern als Fahnenflucht. Sie begreifen und beherrschen ihr wirtschafts- und geldpolitisches Metier nicht als Staatskunst. Dass die geldpolitischen Falken den Sündenfall des Ankaufs von Staatsanleihen nicht ertragen, ist nachvollziehbar. Vielleicht waren Stark und Weber in den Marathon-Sitzungen des EZB-Rates nicht überzeugend genug, um sich gegen die Linie des EZB-Präsidenten Jean-Claude Trichet durchzusetzen? Welche Alternativen hatten sie anzubieten? Es reicht nicht aus, nur „Nein“ zu sagen. Mit seinem spektakulären Rücktritt im Frühjahr verbaute Weber zudem jegliche Chancen, einen deutschen Vertreter an die Spitze der europäischen Geldhüter zu schicken – auch das zeugt nicht von politischer Weisheit.