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> Verteilung von Gratis-Koranen

Ein Koran und viele Probleme

Politik und Verfassungsschutz debattieren über die umstrittene Koran-Kampagne der Salafisten. Einzig deutsche Islam-Vertreter sparen an Kritik – und schaden sich damit selbst.

The European

Der Islam hat es aber auch wirklich nicht leicht. Ständig wird er missbraucht, kritisiert, falsch verstanden, mit dem Islamismus verwechselt oder zu wenig respektiert. „Widerstandskämpfer“, die in Hochhäuser fliegen, oder Mörder, die sich auf Allah berufen, erleichtern die ganze Angelegenheit nur bedingt. Und nun stoßen auch noch ein paar Salafisten mit einer Gratis-Koran-Aktion hinzu, die das Image des Islams nur bedingt fördern. Dabei ist gegen die Aktion an sich freilich nichts einzuwenden, da die ungestrafte Verteilung von Schriften aller Art zu den Vorzügen freier Gesellschaften gehört. Strittig hingegen sind Initiatoren und Absichten der ganzen Aktion: Es geht um Missionierung zum „Islam salafistischer Prägung“, der von den anderen Islams zu unterscheiden sei. Und diejenigen, die es ganz eilig haben, können, „Focus Online“ zufolge, direkt am Stand zur „einzig wahren Religion“ übertreten. Die wiederum vertritt eine „wörtliche Auslegung des Koran“ und ist zudem als antidemokratisch, „rückwärtsgewandt“ sowie „radikalisierungsfördernd“ bekannt.

Worum es dem Zentralrat geht
Doch halt! An dieser Stelle muss man differenzieren. „Die schwarzen Schafe des radikalen Salafismus dürfen nicht mit dem Islam verwechselt werden“, mahnte die stellvertretende FDP-Fraktionschefin Gisela Piltz. Und auch "Aiman Mazyek(Link)":http://www.theeuropean.de/aiman-mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, "meldete sich zu Wort:(Link)":http://islam.de/20168 Der Koran sei das Wort Gottes und „kein PR-Flyer oder Flugblatt, den man als Massenware verteilt“. Der Koran werde durch das gute Beispiel gelernt, gelehrt und geehrt. Ihn ohne Vorbild und Erläuterung auf der Straße zu verteilen, „konterkariert diesen Gedanken“, so Mazyek. Im schlimmsten Fall werde er als Altpapier weggeworfen. Mazyek stört sich demzufolge also keineswegs an radikalen Spinnern mit potenzieller Vorliebe für 72 Jungfrauen, die das heilige Wort „missbrauchen“, sondern sorgt sich vielmehr um dessen drohende Entsorgung. Es tangiert ihn hier wohl ebenfalls nicht, dass jene Glaubensbrüder in ihrer Freizeit Journalisten bedrohen, die sich für die Aktion nicht so recht begeistern konnten. Nein, nein, schlimmer ist, dass der Koran ganz ohne vorherige Einführung verschleudert wird. Und nicht zuletzt scheint es für den Vorsitzenden auch kein Problem zu sein, dass sich eine Bewegung, die von Gottesstaat, Dschihad und Ganzkörperverhüllung träumt, als einzig wahrer Islam ausgibt. Ihm schaudert es natürlich viel mehr bei dem Gedanken an die unzähligen Koran-Exemplare, die nun „in Massen“, ganz so wie Freibier beim Sommerfest der freiwilligen Feuerwehr, verteilt werden. Und während sich die Islamisten schon über "„Ungläubige“(Link)":http://www.welt.de/politik/deutschland/article106179006/Salafisten-Prediger-ruft-zum-Durchhalten-auf.html – also alle Nicht-Muslime – beschweren, die nicht bei ihrer eigenen Bekehrung mitmachen wollen, sinniert Mazyek vermutlich immer noch über Ehre und Lehre durch gute Beispiele.
Distanzierung und Kritik? Fehlanzeige!
Nun ist es natürlich Mazyeks gutes Recht, steinzeitliche Gestalten nicht etwa deshalb zu kritisieren, weil sie tapfere Dschihadisten recht sympathisch finden, sondern weil sie den Koran massenweise in deutschen Fußgängerzonen verteilen. Ein bisschen komisch wird es nur, wenn er sich zum Beispiel über die Islamkonferenz beschwert, die ihm wie eine "„verkappte Sicherheitskonferenz“(Link)":http://www.sueddeutsche.de/politik/islamkonferenz-die-angst-vor-dem-boesen-muslim-1.1079151-2 vorkommt. Denn während hierzulande jeder Neonazi drei Gegendemonstranten mit „Kein Bock auf Nazis“-Plakaten auf sich vereint, herrscht aktuell in puncto Salafismus nicht nur beim Zentralrat, sondern auch bei den restlichen Islam-Verbänden ohrenbetäubendes Schweigen. Statt sich also klar zu distanzieren, wundern sich jene Akteure dann lieber über die „hysterische Furcht vor dem Islam“, wenn durchgeknallte Islamisten sich und ihr Umfeld unter Berufung auf Allah in die Luft sprengen. Empörung ist vielleicht bequem, aber sicher nicht die klügste Marketingstrategie für einen Verein, der pausenlos über sein mieses Image klagt.
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