Mein Ritalin heißt Ritual
Artikel vom
Jeden Tag. Immer wieder. Immerzu. Kleine Rituale erhalten das Leben. Wehe, das dreieckige Körnerbrötchen ist einmal aus. Das kann einem den ganzen Tag versauen.

Man denkt nicht drüber nach. Ja, es ist bereits in Fleisch und Blut übergangen. Wie eine Reihe weiterer Ticks, die sorgsam im Alltagsablauf integriert sind. Ich spreche von den kleinen Ritualen. Der letzte Blick auf die Uhr über dem Kühlschrank, obwohl man doch gerade noch auf die im Wohnzimmer geschaut hat. Das Zurechtziehen des schon zurechtgezogenen Hemdes, selbst der kurze freundliche Abschiedstätschler auf den Hundekopf – alles folgt einem ungeschriebenen Programmablauf. Dann Haustür zu und der Gang zum „Lottomann“, so nennt man bei uns seit ewigen Zeiten den Kioskbetreiber. Auf das Lesen der „Bild“-Schlagzeile durchs Schaufenster folgt ein sekundenschnell gedachter Kommentar zu dieser Schlagzeile, den ich dann direkt beim Lottomann am Tresen platziere. Der hat natürlich seit sieben Uhr früh schon etliche Kommentare dazu gehört und sich mittlerweile eine Art zusammengefasste Übermeinung dazu gebildet. Und während er diese vorträgt und ich zustimmend nicke, packt er bereits das eckige Körnerbrötchen in ein kleines Bäckereipapiertütchen, legt die Tageszeitung zurecht und die Fishermans ohne Zucker obendrauf. „Drei Euro.“