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> Verbot von PID

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Zunehmend muss sich die Parteien-Demokratie mit Fragen beschäftigen, die sie angesichts der Meinungspluralität im Land nicht mehr eindeutig beantworten kann. Ob PID, Atomausstieg oder Libyen: Wenn es um Fragen von Leben und Tod geht, ist die Politik oft genug sprachlos, immer aber zerstritten.

The European

CDU-Bundesparteitag in Karlsruhe, Mitte November 2010: Bei der Debatte um die "Zulassung oder ein gesetzliches Verbot von PID(Link)":http://www.theeuropean.de/debatte/3724-praeimplantationsdiagnostik (Präimplantationsdiagnostik bei der In-Vitro-Fertilisation) in Deutschland überrascht die Union mit einer auf hohem Niveau geführten Debatte. Es geht um existenzielle Fragen von Sein und Nichtsein, von Leben und Tod und um die Frage, wie die das „Christliche“ im Parteinamen führende Union sich zu dem 5. Gebot aus dem Dekalog „Du sollst nicht töten!“ verhält. Auch der aus 26 Vertretern verschiedener Wissenschaftsdisziplinen zusammengesetzte Nationale Deutsche Ethikrat, der auf Basis des Ethikratgesetzes (EthRG) aus dem Jahr 2007 die Bundesregierung und den Bundestag berät und Empfehlungen für politisches und gesetzgeberisches Handeln erarbeitet, befasste sich mit der Problematik, wie viel und welche Arten von „behindertem Leben“ die Gesellschaft zulassen bzw. ertragen und aushalten und wem sie das Grundrecht auf Leben noch uneingeschränkt zugestehen mag.

Es geht um Fragen von Leben und Tod
Nun wurden verschiedene Gesetzentwürfe zur PID im Bundestag debattiert; auch bei der Zulassung der embryonalen Stammzellforschung und von Spätabtreibungen hatte sich das Parlament vor Jahren schon mit solch gravierenden Fragestellungen befassen müssen. Die Meinungen und Koalitionsbildungen gehen hier über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg; im Frühsommer soll nun zur Zulassung von PID entschieden werden. Im Hintergrund stehen dabei Fragen der Menschenwürde, der Verfügbarkeit von Eltern über die eigenen Nachkommen, einer Selektion nach genetischen Kriterien und der Gleichheit bzw. Gleichberechtigung von „behindertem und nicht-behindertem“ Leben sowie der entsprechenden Schutzverpflichtungen des Staates. Auch zur Frage des Atomausstiegs berief die Bundesregierung eine Ethikkommission mit 17 Vertretern verschiedener gesellschaftlicher Gruppen von der Industrie bis hin zur Soziologie, Philosophie und Theologie. Auch dabei scheint es mit Blick auf die Reaktorkatastrophen in Tschernobyl und Fukushima wieder um Fragen von Leben und Tod zu gehen und darum, ob der Mensch eine Technologie betreiben darf, "deren Auswirkungen er im Katastrophenfall nicht beherrschen(Link)":http://www.theeuropean.de/debatte/6102-das-risiko-der-kernenergie und die er auf viele Jahrtausende hin nur den nachkommenden Generationen aufbürden kann. Im Hintergrund stehen die Dilemmata, eine sichere Energieversorgung ebenso wie Versorgungssicherheit, Wohlstand und Mobilität mit einem menschenwürdig erscheinenden Standard für alle Mitglieder der Gesellschaft zu gewährleisten und den Massenwohlstand der ersten auch den Ländern der dritten und vierten Welt zuzugestehen.
Zentrale Fragen - schwieriges Unterfangen
Die Überlegungen sind dabei auf das „richtige Wollen und Handeln“ (Ethos) ausgerichtet und zu versuchen, gesellschaftlich breit akzeptierte Werte als Grundlagen herauszuarbeiten. In einer pluralistischen Gesellschaft mit ganz unterschiedlichen Wahrheits- und Wertüberzeugungen, Weltanschauungen und Menschenbildern ist dies selbst in zentralen Fragen ein schwieriges Unterfangen; nicht selten bleibt nur die Verständigung auf einen Minimalkonsens mit einem recht kleinen gemeinsamen Nenner. Wo die Regierung und die sie tragenden Parteien sich eigener profunder Werthaltungen wie in der Frage der PID nicht oder –was die Union anbetrifft – nicht mehr durchgängig gewiss sind oder wie bei der friedlichen Nutzung der Kernkraft bisherige Gewissheiten im Licht neuer Erkenntnisse aufgegeben werden, da erscheint es sinnvoll, die zugrunde liegenden Dilemmata öffentlich ausleuchten und eine auf Akzeptanz zielende Kommunikation fachlich fundiert vorbereiten zu lassen. Im Gegensatz zu den nicht breit diskutierten Problemen der Bankenrettung im Jahr 2008 und der "aktuellen Euro-Stabilisierung durch gigantische Finanz-Rettungsschirme(Link)":http://www.theeuropean.de/debatte/5184-die-zukunft-des-euro oder auch die "Ad-hoc-Entscheidung im UN-Sicherheitsrat(Link)":http://www.theeuropean.de/debatte/5864-politik-mit-diktatoren zu einer eventuellen militärischen Einflussnahme auf die gesellschaftlichen Entwicklungen in Nordafrika, argumentieren zumindest gewichtige Teile der Regierung in existenziellen Lebensfragen nicht mit einem „Alternativlos“-Diktum, sondern mit einer „Sowohl-als-auch“-Strategie. Ein bisschen PID und ein wenig Restlaufzeitverlängerung von Atomkraftwerken seien, jeweils unter bestimmten Auflagen, denkbar und möglich. Die repräsentative Parteien-Demokratie und der Parlamentarismus scheinen hier an Grenzen zu gelangen; immer lauter werden Stimmen, die zu kardinalen Fragen und weit darüber hinaus bis hin zu "Großprojekten wie dem Stuttgarter Tiefbahnhof(Link)":http://www.theeuropean.de/thomas-koenig/6441-neue-regierung-altes-problem direkte Volksentscheide herbeiführen wollen, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt aufrechtzuerhalten.
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