Niemand rührt sich!
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Hastige Eingriffe der internationalen Gemeinschaft und überzogene Erwartungen schmälern die Erfolgschancen für den Wandel in Post-Revolutien. Das fiktive Land ist der Archetypus ungeduldiger Entwicklungspolitik.

Viel wissen wir nicht. Das ist wahrscheinlich die oberste Erkenntnis, die wir aus den letzten drei Jahrzehnten internationaler Demokratisierung und Wiederaufbauhilfe in Krisenregionen lernen können. Leichtsinnig stürzen wir uns in komplexe Situationen, ohne durchdachte Lösungen parat zu haben. Nur selten warten wir, bis wir die politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Dimensionen des Landes durchdacht haben. In Allgemeinplätzen schwadronieren wir von integrativem, lokalem Wachstum. Aber wenn es ernst wird, kommen wir doch auf unsere Lieblingsgesprächspartner unter den Einheimischen zurück. Sie erzählen uns, was wir hören wollen, wirkliche Repräsentanten der öffentlichen Meinung sind es aber nicht. Meist geben wir zu viel Geld aus und stören die lokale Wirtschaft durch unsere Hilfszahlungen und Anwesenheit mehr, als dass wir helfen würden. Talentierte Einwohner arbeiten als Übersetzer und Fahrer für uns, statt den eigentlichen Wirtschaftskreislauf anzutreiben. Wir doktern herum, um jedes Detail der Verfassungen und Institutionen so aussehen zu lassen wie unsere eigenen. Und dann beginnen wir uns – oder unsere Gönner und Geldgeber zu Hause sich – zu langweilen. Investitionen schwinden dahin. Budgethilfen und Projekte versiegen. Irgendwann verlassen wir das Land und sind nicht selten im Unklaren darüber, ob wir überhaupt irgendetwas Gutes geleistet haben.