Masse und Macht
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Wer sich über das grausliche deutsche Fernsehen beschwert, ist zwar völlig im Recht; aber das ist der, der sich über das Wetter beschwert, ja auch.

Die Welt ist schlecht, das Fernsehen ist schlechter, und eine Lieblingsbeschäftigung der deutschen Intellektuellen ist, seit DVDs die bessere angelsächsische Fernsehwelt ins Wohnzimmer lassen, die Klage über das unzumutbare deutsche Fernsehprogramm. Die Argumentationsfigur ist immer dieselbe: Die Öffentlich-Rechtlichen ließen sich von den Privaten schon gar nicht mehr unterscheiden, und es gehe nicht an, dass für viele Milliarden Fernsehgebühren bloß immer nur geschnulzt werde, anstatt auch mal Anspruchsvolles wie „Mad Men“ zu zeigen. (Für Nichtfeuilletonleser: „Mad Men“ ist eine amerikanische Serie um New Yorker Werbemenschen der Sechzigerjahre, die u.a. deswegen erfunden worden ist, damit deutsche Feuilletonisten was zum Bescheidwissen haben.) Der Feuilletonchef der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ Claudius Seidl hat sich nun in einer Glosse auf die vakante Stelle des ZDF-Intendanten beworben, halb im Scherz, halb im Ernst: "„Ich habe früher fast täglich ferngesehen, gerne auch mal das ZDF; heute schaue ich gar nicht mehr fern, und beides, glaube ich, macht mich zum idealen Repräsentanten des Publikums.“(Link)":http://www.faz.net/artikel/C30280/bewerbungsschreiben-ich-bin-dieser-gegenkandidat-30336964.html