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> Todd Akin über Vergewaltigungen und Abtreibung

Wenn Papa ein Vergewaltiger ist

Die Thesen des US-Abgeordneten Todd Akin zu Vergewaltigung und Abtreibung verstören. Allerdings nicht so sehr wie das, was vielen amerikanischen Frauen blüht, die durch eine Vergewaltigung schwanger werden und sich entscheiden, das Kind aufzuziehen.

The European

Über die "Aussagen des Republikaners Todd Akin":http://www.welt.de/politik/ausland/article108707268/Republikaner-leisten-sich-Riesenpatzer-im-Wahlkampf.html zum Thema „Schwangerschaft durch Vergewaltigung“ wurde schon viel geschrieben und gesagt. Weil sie aber so ärgerlich sind, hier nochmal eine kurze Zusammenfassung: In einem Interview behauptete Mister Akin, Frauen würden nach „echten“ Vergewaltigungen selten schwanger werden, weil der weibliche Körper über Mechanismen verfüge, dies zu verhindern. Sollte eine vergewaltigte Frau dennoch schwanger werden, so müsse der Vergewaltiger bestraft werden, nicht das Kind. Übersetzt bedeutet das: Abtreiben verboten. Akin entschuldigte sich später, er sei missverstanden worden – eher unwahrscheinlich, "wenn man den genauen Wortlaut des Interviews":http://www.newyorker.com/online/blogs/closeread/2012/08/what-does-todd-akin-think-legitimate-rape-is.html liest.

Das Recht auf Leben über alles
Abgesehen von der Frage, was genau eine „echte“ von einer „unechten“ Vergewaltigung unterscheidet (scheinbar gibt es da bestimmte Kriterien) und wie genau der weibliche Körper sich eines unerwünschten Fötus entledigt (möglicherweise ein bisher unentdecktes biologisches Phänomen): viel interessanter ist der zweite Teil der Akin’schen Argumentation und was er impliziert. Die Botschaft ist klar: Ein durch Vergewaltigung empfangenes Kind muss ausgetragen werden. Das ist beileibe keine Einzelmeinung, sondern republikanisches Parteiprogramm. Republikaner wollen Abtreibung nur erlauben, wenn das Leben der Schwangeren konkret gefährdet ist. Das Recht des ungeborenen Kindes auf Leben wird so über alles gestellt und dabei außer Acht gelassen, dass dies nicht immer unbedingt zum Wohl eben des Kindes ist. Dieses wird unweigerlich irgendwann mit der Tatsache konfrontiert, dass sein Vater ein Sexual-Verbrecher ist – vielleicht dann, wenn dieser ihm einen Besuch abstattet. Das geht in Amerika nämlich ganz legal. Denn das ist das Schlimmste an der Sache. Nicht, dass einige Vergewaltigungen anscheinend „echter“ oder realer sind als andere. Nicht, dass das vermeintliche Kindeswohl aus einer fanatischen Haltung heraus über alles gestellt wird. Sondern die Konsequenzen für amerikanische Mütter, die sich dazu entscheiden, das durch eine Vergewaltigung entstandene Kind auszutragen und aufzuziehen. In den USA müssen viele solcher Mütter sich immer und immer wieder mit ihrem Vergewaltiger auseinandersetzen – weil nämlich in der großen Mehrheit der Bundesstaaten Vergewaltiger dieselben Sorge- und Besuchsrechte haben wie andere Väter. Das heißt, sie dürfen ihr Kind völlig legitim besuchen und mit ihm Zeit verbringen. "In einem Artikel für das „Georgetown Law Journal“":http://georgetownlawjournal.org/files/pdf/98-3/Prewitt.PDF schreibt die amerikanische Rechtsanwältin "Shauna Prewitt":http://www.shaunaprewitt.com, die selbst vergewaltigt wurde und das so gezeugte Kind austrug: bq. Sie [die Frauen] könnten dazu gezwungen sein, Sorgerechte ihrer Kinder mit ihrem Vergewaltiger zu teilen, dafür zu sorgen, dass ihr Vergewaltiger Zugang zu ihren Kindern hat, die Beziehung des Vergewaltigers mit ihren Kindern zu unterstützen und, in einigen Fällen, gemeinsam Entscheidungen zum Wohl ihrer Kinder zu treffen.
Das Schweigen der Demokraten
Prewitt beschreibt mehrere Fälle, in denen Frauen gezwungen waren, sich zum „Wohl“ der Kinder mit ihrem Vergewaltiger zu arrangieren. Und das, wo über 60 Prozent der vergewaltigten Frauen Angst vor einer weiteren Vergewaltigung haben. Wie traumatisch muss es für diese Frauen sein, ihrem Peiniger in regelmäßigen Abständen in die Augen zu sehen, weil das amerikanische Recht es nun einmal so will? Die Sorgen und Ängste dieser Frauen gelten in Amerika offensichtlich nichts, was eine Menge Leute völlig okay zu finden scheinen. Was sagen beispielsweise die Demokraten dazu? Gegenwärtig werden 29 US-Staaten von einem republikanischen, 20 von einem demokratischen Gouverneur regiert (nur in Rhode Island hat ein parteiunabhängiger Gouverneur das Amt inne). Somit ist kaum anzunehmen, dass alle Bundesstaaten, in denen Sexual-Verbrecher Rechte an ihren Kindern haben, nur von Republikanern regiert werden. Dennoch hat es bisher kein empörter Demokrat in die Medien geschafft, der die gültige Praxis anprangert. Vielleicht ist ja auch den Demokraten eine Vergewaltigung nicht „echt“ genug, um sich mit den daraus entstehenden Konsequenzen für Frauen und insbesondere Mütter zu beschäftigen. Oder, wie Shauna Prewitt "in einem offenen Brief an Todd Akin":http://www.xojane.com/it-happened-to-me/dear-representative-todd-akin-i-got-pregnant-from-rape schreibt: bq. Warum sollte man ein Gesetz verabschieden, das die Elternrechte von Männern, die durch Vergewaltigung zum Vater werden, beschneidet […], wenn vergewaltigte Frauen durch dieses Verbrechen überhaupt nicht schwanger werden können? Denn was nicht sein kann, damit muss man sich nicht beschäftigen.
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