Das Sarrazin SPD-Drama hat shakespearsche Züge
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Die SPD habe weder politisch klug gehandelt noch habe sie fair gehandelt noch habe sie bedacht, was sie einem Menschen antue, wenn sie ihn zum Beispiel mit Nazi-Methoden vergleiche, sagte bereits vor knapp zehn Jahren der ehemalige Bundesminister für Bildung und Wissenschaft (1972 bis 1974 unter Willy Brandt) und ehemalige Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg (1981 bis 1988) Klaus von Dohnanyi, der Sarrazin schon damals vor der Schiedskommission der SPD als Anwalt verteidigte. Nun haben es die „Sozialdemokraten“ also durchgezogen und Thilo Sarrazin nach fast einem halben Jahrhundert Mitgliedschaft aus ihren Reihen ausgeschlossen. Das Aufeinandertreffen ihres Generalsekretärs Lars Klingbeil mit dem Querulanten hatten dabei durchaus Shakespearsche Züge.

Wenn die reine Macht auf den reinen Geist trifft, gewinnt kurzfristig fast immer die Macht
Lars Klingbeil als Vertreter der SPD gegen Thilo Sarrazin, das war gleichsam das Aufeinandertreffen zweier grundlegender Prinzipien: die reine Macht gegen den reinen Geist. Was Klingbeil zu sagen hat, und er hatte im Grunde gar nichts zu sagen, außer: „Den wollen wir nicht mehr bei uns haben“, würde so gut wie keinen Menschen interessieren, hätte er nicht sein Amt inne als SPD-Generalsekretär, welches ihm ein gewisses Maß an Macht verleiht. Sarrazin dagegen hat seit zehn Jahren keinerlei Amt mehr inne. Gleichwohl hat auch er doch auch Macht, aber eine ganz andere, nicht die, dass er Gewalt über andere Menschen ausüben könnte. Er hat nur eines: das Wort und den Gedanken. Damit übt er aber enorm viel Einfluss aus. Wie schafft er das?
Weshalb ist der Einfluss von Sarrazin, obschon er schon lange keinerlei Amt mehr besitzt, so groß? Weil es Millionen Menschen interessiert, was er zu sagen hat, obschon er keinerlei Macht im Sinne von möglicher Gewaltausübung inne hat. Er hat etwas anderes auf seiner Seite: Geist und den Mut, Dinge auszusprechen, welche die neuen Machthaber, die Neuen Linken (Neomarxisten), welche die M-Medien weitgehend beherrschen und auch die Politik immer mehr, nicht hören wollen. Wenn die reine Macht, im Sinne von der Möglichkeit, Gewalt auszuüben, auf den reinen Geist trifft, gewinnt kurzfristig fast immer die reine Macht, vor allem wenn sie skrupellos ist.
Klingbeil war argumentativ völlig nackig, weil die SPD von sich selbst abgerückt ist und das kann Klingbeil natürlich nicht zugeben
Klingbeil, von den Jusos und der Antifa kommend, ist geistig nicht völlig unbewaffnet, aber Sarrazin nicht annähernd gewachsen. Vor allem aber hatte Klingbeil ein anderes Problem: Er war argumentativ völlig nackig. Er hatte gar nichts vorzutragen, außer zu sagen: „Wir wollen den nicht mehr in der SPD.“ Er konnte das aber nicht begründen, er hatte überhaupt kein einziges halbwegs stichhaltiges Argument. Warum hatte er gar nichts in der Hand? Sarrazin berief sich auf das gültige SPD-Parteiprogramm, das Hamburger Programm von 2007, und konnte quasi bei jedem Punkt nachweisen, dass er in völligem Einklang mit diesem steht. Dies konnte er deshalb, weil er, Sarrazin, seine Ansichten gar nicht verändert hat.
Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität waren die Grundpfeiler der früheren SPD von Willy Brandt und Helmut Schmidt und auch noch die des offiziellen Parteiprogramms von 2007. Und zu denen steht Thilo Sarrazin. Zu denen steht aber die SPD nicht mehr und das kann sie natürlich nicht öffentlich zugeben. Was soll sie denn sagen? Wir haben uns von Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität verabschiedet und betreiben jetzt nur noch Antirassismus, Antifaschismus, Antikolonialismus und Politik gegen Deutschland und das deutsche Staatsvolk? Das war das größte Problem von Klingbeil und der SPD.
Natürlich ist Klingbeil Sarrazin intellektuell nicht gewachsen, aber er hatte nicht einmal irgendetwas in der Hand, mit dem sein Intellekt dann was hätte machen können, so dass er nicht völlig nackt dasteht. Das hatte er aber nicht, weil die SPD natürlich nicht den Mut und die Offenheit besitzt, ein neues Programm zu beschließen und da wirklich reinzuschreiben, was sie wollen, welche Ziel sie verfolgen und von was sie sich verabschiedet haben.
In Wahrheit hat die SPD ihre Ehre verloren – das Einzige, was sie noch besitzt, ist Macht und die kann auch schnell verloren gehen
Die SPD hat natürlich das Recht zu sagen: „Wir wollen Sarrazin nicht mehr bei uns haben, weil der einfach nicht mehr zu uns passt.“ Der Grund, dass man nicht mehr zusammenpasst, ist aber, dass die SPD sich vollkommen gewandelt hat, nicht Sarrazin, der sich und den alten Idealen der SPD treu geblieben ist. Das kann die SPD aber nicht offen und ehrlich aussprechen. Daher müssen sie mit diesen ganzen Phrasen und Diffamierungen, mit Beleidigungen und Herabsetzungen arbeiten, um Sarrazin als unehrenhaften Menschen darzustellen.
Aus ihrer inneren und argumentativen Not und der inneren Verlogenheit heraus greifen sie dann zu Beschimpfungen und Herabwürdigungen wie „Kultur-Rassist“, während in Wahrheit natürlich die SPD ihre Ehre verloren hat. Sie hat nur noch eines: ein wenig Macht. Aber die kann mit der Zeit verloren gehen. Was dann bleibt? Eventuell gar nichts.
Thilo Sarrazin aber ist ein ehrenwerter Mann, egal was die derzeit Mächtigen sagen. Und noch dazu einer mit Geist, Mut, Courage und Rückgrat. Dass er lispelt, spielt keine Rolle. Äußerlichkeiten sind nur Äußerlichkeiten.
Quelle: Jürgen Fritz