Die Fehler der Flüchtlingskrise zerreißen Europa
Artikel vom
Der CSU-Ehrenvorsitzende und Ex-Ministerpräsident Bayerns meint: Es ist höchste Zeit, dass in der Flüchtlingspolitik eine Kompromisslösung auf europäischer Ebene gefunden wird.

Die nächsten zwölf Monate werden über die Zukunft Europas entscheiden. Der anstehende Austritt Großbritanniens aus der EU – der sogenannte Brexit –, die bislang vergebliche Suche nach einer gemeinsamen europäischen Antwort auf die Flüchtlingskrise sowie die ständigen, folgenlosen Verletzungen des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts sind die wohl größten Herausforderungen, vor denen die EU steht. Hinsichtlich des Brexit warne ich vor Rachegelüsten der EU. Zwar ist es nicht möglich, den Wünschen Großbritanniens nach vollem Zugang zum europäischen Binnenmarkt bei gleichzeitiger Abschaffung der Arbeitnehmerfreizügigkeit nachzukommen. Aber ich halte den Vorschlag von ifo-Chef Fuest für sehr bemerkenswert, die Briten im Binnenmarkt zu halten und ihnen zugleich eine Art Obergrenze für Migration aus EU-Ländern zu gewähren. Dahinter steht das richtige Kalkül, dass der europäische Binnenmarkt ohne die Wirtschaftskraft Großbritanniens gravierend geschwächt würde. Denken wir nur an den Finanzplatz London. Von diesem Vorschlag würden beide Seiten profitieren. Die EU würde die volle Kraft des Binnenmarkts beibehalten, was vor allem im Wettbewerb mit den USA und China von Bedeutung ist. Großbritannien hätte im Gegenzug eine gewisse Kontrolle über die Migration aus der EU zurückgewonnen. Klar ist bei dieser Lösung allerdings auch, dass Großbritannien die Regeln des Binnenmarkts befolgen müsste, ohne sie mitbestimmen zu können.