„Menschen wird ein Teil ihres Menschseins genommen“
Artikel vom
Mit seinem Besuch bei Edward Snowden gelang Hans-Christian Ströbele ein Coup. Doch was hat die Reise nach Russland gebracht? Lars Mensel und Sebastian Pfeffer fragen, wie die Aufklärung der Affäre voranschreitet, wie es mit Snowden weitergeht und was die Massenüberwachung für uns alle bedeutet.

*The European: Herr Ströbele, Sie haben spannende und anstrengende Wochen hinter sich. Hat Sie die große Aufmerksamkeit dann doch überrascht?* Ströbele: Natürlich war klar, dass die Reise gemeldet wird, weil ich der erste Politiker war, der Edward Snowden besucht hat. Aber dieses weltweite Echo habe ich nicht erwartet. Inzwischen kamen Leute aus Brasilien, Kolumbien, Indonesien. Es ist kein deutscher Fall, sondern der größte Spionage-Skandal der Weltgeschichte. *The European: Ist es dann nicht erst recht sonderbar, dass Sie der Erste waren, der Snowden ausfindig gemacht hat?* Ströbele: Es war natürlich schwierig, dahin zu kommen. Sehr viele Leute haben sich bemüht, vor allem Journalisten. Oft ist es an Snowden selbst gescheitert, weil er es nicht wollte. Er muss sehr vorsichtig sein um seiner Sicherheit willen. *The European: Wie ist das Vertrauen Ihnen gegenüber entstanden?* Ströbele: Wir haben ab Ende Juni versucht, einen Kontakt zu ihm zu bekommen, weil die offiziellen deutschen Stellen nichts unternommen haben. Irgendwann habe ich gesagt: „Wenn ihr’s nicht macht, mach ich’s.“ Nur hat das niemand so richtig ernst genommen. Und wir waren ja auch lange Zeit erfolglos – bis er sich dann selbst gemeldet hat. *The European: Wie kam das?* Ströbele: Snowden hatte wohl erfahren, dass ich gerne Kontakt zu ihm hätte. Er wusste über meine Person sehr gut Bescheid. Wie genau das lief, weiß ich aber nicht. *The European: Zurück in Deutschland sind Sie dann mit einem großen Medienrummel empfangen worden. Einige Wochen später stellt sich nun die Frage, was Ihr Russlandbesuch gebracht hat.* Ströbele: Er sollte mir keine neuen Geheimnisse offenbaren, die ich dann hätte verkünden können – das habe ich auch immer so gesagt. Ich wollte nicht in die Rolle eines mittelbaren Zeugen kommen. Ich wollte nur zwei Fragen klären. Erstens, weiß er etwas, das uns bei der Aufklärung des Skandals weiterhilft und über die Dokumente hinausgeht? Und zweitens, ob er bereit ist, das vor einem deutschen Gremium auszusagen. Zu beidem hat er klar ja gesagt. *The European: Das hätte man auch per E-Mail erfragen können, oder?* Ströbele: Natürlich hat mich auch seine Person interessiert, ist doch klar! Wir wurden sehr freundliche empfangen, haben gegessen und fast drei Stunden intensiv geredet.