Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
> Serie zur Bundestagswahl: Nicht die SPD

Wer hat sich verraten? Sozialdemokraten!

Auch Journalisten wählen, halten sich meistens aber lieber bedeckt. Hier wird alles öffentlich gemacht. Folge 4: Warum es nicht die SPD wird.

The European

Lesen Sie auch Folge 1: "Warum es nicht die Linkspartei wird":http://www.theeuropean.de/thore-barfuss/7424-wenn-journalisten-waehlen Folge 2: "Warum es nicht die Grünen werden":http://www.theeuropean.de/thore-barfuss/7429-serie-zur-bundestagswahl-nicht-die-gruenen Folge 3: "Warum es nicht die FDP wird":http://www.theeuropean.de/thore-barfuss/7436-serie-zur-bundestagswahl-nicht-die-fdp Folge 5: "Warum es die Union nicht wird":http://www.theeuropean.de/alexander-goerlach/7457-angela-merkels-wahlerfolg-2013 Folge 6: "Darum die Piratenpartei":http://www.theeuropean.de/thore-barfuss/7450-serie-zur-bundestagswahl-darum-die-piratenpartei Es gibt keine Bundespartei, die mehr dafür getan hat, nicht gewählt zu werden als die SPD. Mag es bei der FDP noch "äußere Umstände geben":http://www.theeuropean.de/thore-barfuss/7436-serie-zur-bundestagswahl-nicht-die-fdp, die ihr Versagen erklären, gibt es bei der SPD: nichts. Angesichts des Klimas in der Bundesregierung und den tausenden medialen Steilvorlagen hätte es für die SPD ein Leichtes sein müssen zu punkten. Außer Mitleid und Hohn haben sie aber nicht viel gesammelt. Die SPD hat es ganz alleine versaut. Vergessen wir nicht: Die Sozialdemokraten konnten ihren Wahlkampf aus der Opposition heraus führen. Im Gegensatz zur Regierung muss die sich an nichts messen lassen. Um gleich das klassische Gegenargument zu entkräften, in der Eurokrise hätte sich die SPD nicht so gut profilieren können, weil sie alle Entscheidungen mittragen musste: Das zählt nicht. Sie hätte Themen selber setzen und die Regierung vor sich hertreiben sollen, statt nur der Krise hinterher zu schwimmen. Insgesamt hat die SPD in diesem Wahlkampf drei Probleme: Ein inhaltliches, ein innerparteiliches und einen Kanzlerkandidaten.

Was ist sozialdemokratisch?
Das inhaltliche Problem ist das komplexeste. Und doch lässt es sich mit einer Frage zusammenfassen: Was ist heute noch sozialdemokratisch? Eine Frage, auf die der Journalistenmund gerne antwortet: So gut wie alles; die SPD hat ihr Alleinstellungsmerkmal verloren. Nun ist die Antwort sicherlich nicht derart trivial. Aber ich stimme ihr im Prinzip zu. Der schwerwiegende Fehler war der, dass die SPD es sich zu bequem gemacht hat in ihrer standardisierten Antwort. Immer wenn die Bundesregierung ihr die Themen weggenommen hat, hieß es in etwa: "Das ist nur „Etikettenschwindel“":http://www.theeuropean.de/peer-steinbrueck/7399-der-spd-kanzlerkandiat-vor-der-bundestagswahl – um im Wahlkampf zu punkten. Das ist sicherlich auch ein Grund, aber aus SPD-Sicht sollte das unwichtig sein. Viel wichtiger ist nämlich die Erkenntnis, dass die sozialdemokratischen Standards inzwischen das Maß aller Dinge in der Politik geworden sind. Auch die „Konservativen“ können sich dem nicht mehr entziehen. Politik in Deutschland ist im Zweifel sozialdemokratisch. Diese Erkenntnis sollte die SPD statt zur Verteidigung zum Angriff verwenden.
Vorbild Obama?
Stattdessen lamentiert sie, dass ein Linksruck nicht möglich sei, weil dort Gysi & Co. lauern. Aus ihrer sozialdemokratischen Sandburg heraus hat die SPD es nicht geschafft, eine Position zu finden, die mich überzeugt. In zu vielen Punkten hat sie sich selbst vergessen oder gar verraten. Beim Sinnieren über die Sozialdemokraten musste ich an ein Video vom jungen Barack Obama denken. In einem nach wie vor beeindruckenden Interview mit dem Rapper Diddy für den Musiksender MTV aus dem Jahr 2004 (Obama war gerade zum neuen Star der Demokraten avanciert) sagt er sinngemäß: Politik wird nicht alle Probleme über Nacht lösen, und Republikaner wie Demokraten könnten nicht so viel bewirken. _Aber_ es würde in vielen wichtigen Fragen eben einen kleinen Unterschied zwischen den Parteien geben. Diesen kleinen Unterschied, das, was das Original im Zweifel besser macht als die Kopie, hätte die SPD tausendfach betonen und eine griffige Antwort parat haben müssen. Ich habe die nicht. Haben die Sozialdemokraten sie? Gehört habe ich sie noch nicht. Diese inhaltliche Zerrissenheit spiegelt sich meines Erachtens auch in der Parteistruktur wider. Im zweiten Print-Magazin (erschien Anfang Dezember 2012) haben wir eine Debatte "über die SPD-Troika geführt":http://www.theeuropean.de/debatte/338-spd-troika. Damals schrieb ich: „Die Troika aus Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück hat schon jetzt für die Wahl 2013 mehr Schaden angerichtet als Vorteile gebracht.“ Auch nachdem sich die Troika formal aufgelöst hatte (durch die offizielle Nominierung Steinbrücks), änderte sich daran nichts. Jeder der drei handelte auf eigene Rechnung. Dabei haben alle auf ihre eigene Art und Weise der Partei geschadet. Gabriel durch die ständigen Querschüsse, Steinmeier durch das Wegducken und Steinbrück. Steinbrück – mit ihm sind wir beim Kernproblem für diese Wahl angekommen.
Der falsche Kandidat
Ob Peer Steinbrück ein so viel schlechterer Kanzler als Angela Merkel wäre, weiß ich nicht. Er hat aber viel dafür getan, mich davon abzulenken, ob er es sein könnte. Bei allem, was man an Negativem über ihn schreiben kann, ist für mich ein Punkt entscheidend. Denn eines geht Steinbrück wirklich komplett ab, was Merkel hat: das Staatsmännische. Wenn das auch nicht die wichtigste Eigenschaft ist, ist sie doch ein klares Ausschlusskriterium. Entscheidend waren für mich zwei Skandale: Zum einen die Clown-Äußerungen, womit er knapp die Hälfte der "italienischen Wähler diskreditierte":http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/peer-steinbrueck-ansichten-eines-clowns-12100684.html und zum anderen der "Stinkefinger":http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/bildergalerie/40461/2/Sagen-Sie-jetzt-nichts-Peer-Steinbrueck#bild. Beides sind Aktionen, die ich ihm in fast jeder anderen Position zugestanden hätte. Aber doch bitte nicht als Kanzlerkandidat. Am Ende ist es auch bei der SPD ganz einfach. Der Wahlkampf war im doppelten Sinne Panne. Die Partei sucht sich noch. Das Personal ist sich nicht einig über die Zukunft und Positionierung. In einer großen Koalition würden sie nur wieder von der Union aufgerieben. Wenn man das will, kann man auch gleich die CDU wählen. So oder so: Meine Stimme bekommt die SPD nicht. _tl;dr Ich wähle die SPD nicht, weil Peer Steinbrück kein guter Kandidat war, die Partei zerrissen ist und nicht weiß, wo sie steht. #btw13_
Kommentare (0)
Keine Kommentare gefunden!
Neuen Kommentar schreiben