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> Saudische Frauen und der Arabische Frühling

Baby you can't drive my car

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In Saudi-Arabien steckt die Protestbewegung noch in den Kinderschuhen – zu groß ist der Einfluss der Regierung und ihre Kontrolle über die Gesellschaft. Inspiriert vom Arabischen Frühling organisieren sich jedoch ausgerechnet dort die Frauen und fordern mehr Rechte ein.

The European

Seit Tunesien "ist der Arabische Frühling überall":http://www.theeuropean.de/walter-posch/6793-teheran-und-der-arabische-fruehling, in den Nachrichten, auf den Straßen und in jedermanns Geist im Mittleren Osten. Revolutionen sind nicht neu für die Region, aber meine Generation hat sie vor Bouazizi nie aus erster Hand erlebt. Der Unterschied kommt durch soziale Medien: Fotos von Bouazizi, brennend und im Krankenhaus liegend, brachten Araber überall zum Demonstrieren. Manche Beobachter mögen die sozialen Medien als ein bloßes Werkzeug abgetan haben, ohne die der Arabische Frühling dennoch fortgeschritten sei – doch Aktivisten und Regierungen wissen, dass dies nicht wahr ist.

Aufstände können nicht mehr verhindert werden
Menschen wie die Ägypter Wael Ghanim und Israa Abdel Fattah und der Tunesier "Lina Ben Mhenni":http://www.theeuropean.de/lina-ben-mhenni/7108-tunesien-nach-der-revolution zeigten auf, wie man ganz normale Bürger dazu bringt, ihre Meinung zu äußern und für ihre Rechte einzutreten. Es gab wenig Organisation und die meisten Demonstranten und Aktivisten trafen sich erstmals am Tag des Protestes. Solche grundlegenden Onlinetaktiken wären wenige Jahre zuvor noch unmöglich gewesen, da der Internetzugang wenigen Eliten vorbehalten war. Jetzt, wo er weit verbreitet und vor allem günstig ist, können despotische Regierungen diese Aufstände nicht mehr vereiteln. Auch in Saudi-Arabien und insbesondere für saudische Frauen war das der entscheidende Faktor, ohne den es die vom Arabischen Frühling inspirierte Frauenbewegung nicht gegeben hätte. In Saudi-Arabien gibt es keine lokalen oder unabhängigen Menschenrechtsorganisationen und es können auch keine gegründet werden, außer sie unterstehen der Regierung. Die einzigen Menschen, die Bildung, Gerichte und die nationalen Medien als Plattform nutzen können, sind solche mit einer extremistischen Auslegung des Islams und jene, die die Interessen der Regierung vertreten. Als der Arabische Frühling sich in den Nachbarstaaten entzündete, griffen die Flammen auch auf Saudis über, welche die gleichen Online-Werkzeuge benutzten. International am meisten beachtet war dabei die Bekämpfung des Fahrverbotes für Frauen. Über soziale Netze verbreitete sich die Nachricht, dass Frauen am 17. Juli zu fahren beginnen würden. Jene Frauen, die dies am 17. Juli tatsächlich umsetzten, hatten den Mut dazu, weil sie andere fahrende Frauen in Videos auf Twitter und Facebook gesehen hatten. Eine dieser Frauen, Maha Al Qahtani, wurde von der Polizei angehalten und "bekam eine Strafe dafür":http://www.sueddeutsche.de/panorama/frauenrechte-in-saudi-arabien-peitschenhiebe-fuers-autofahren-1.1151191, als Frau ein Auto zu fahren. Maha machte ein Foto von dem Strafzettel und stellte ihn online. Am nächsten Tag bestritt ein Sprecher der Verkehrspolizei in einer Presseerklärung, dass es diesen Vorfall überhaupt gegeben hätte. Ein respektierter Scheich veröffentlichte wiederum ein Foto von zwei bahrainischen Frauen in einem tödlichen Autounfall und behauptete, dass dieses am 17. Juli in Saudi-Arabien aufgenommen wurde.
Mehr und mehr Menschen protestieren
Aufgrund von sozialen Netzwerken war es den Aktivisten möglich, diese falschen Berichte zu entlarven und die Lügen der Verkehrspolizei nachzuweisen. Die schnelle Kommunikation half den Aktivisten, die Bevölkerung dazu zu bringen, Aussagen von Beamten und Scheichs anzuzweifeln – obgleich sie es gewöhnt ist, diesen Menschen zu vertrauen. Auch dies war vor wenigen Jahren unmöglich, zu gering war die Informationsfreiheit und zu groß der Einfluss von Machthabern über den nationalen Dialog. Es ist noch zu früh, um ein Resümee zum Arabischen Frühling zu ziehen. Die Region schaut gebannt zu, doch alle arabischen Monarchien haben bisher die Proteste dämpfen können – selbst die über solche Probleme wie Geschlechterdiskriminierung im Verkehr. Wenn der Arabische Frühling in Ägypten und Tunesien aber auch nur die Hälfte der eingeforderten Rechte nach sich zieht, so ist sein Momentum noch lange nicht vorbei – und mehr und mehr Menschen beginnen, die restriktiven Grenzen in ihren Ländern zu überschreiten. _Übersetzung aus dem Englischen._ _Update: Nach Verfassen dieses Textes "wurde die Strafe gegen die Autofahrerin von König Abdullah aufgehoben":http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,788973,00.html._
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