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Russland: Ob Anwalt oder Angeklagter – beide verschwinden hinter Gittern

Drei Anwälte Alexej Nawalnys sind in Moskau verhaftet worden. Ihnen wird die Teilnahme an einer „extremistischen Organisation“ vorgeworfen. Die Maßnahme soll vor allem die Kommunikation Nawalnys mit der Außenwelt endgültig verhindern. Von Helmut Ortner

Ein Bildschirm zeigt den Oppositionsaktivisten Alexej Nawalny per Videolink aus der Pokrowschen Strafkolonie.
Ein Bildschirm zeigt den Oppositionsaktivisten Alexej Nawalny per Videolink aus der Pokrowschen Strafkolonie.

Es ist der Ort, wo Alexej Nawalny nach seiner Festnahme 2021 saß, im Untersuchungsgefängnis „Matrosenruhe“: Dort sitzen nun auch drei seiner Anwälte. Wadim Kobsew, Igor Sergunin und Alexej Liptser wurden festgenommen. Mitte letzter Woche wurden sie in das berüchtigte Gefängnis im Nordosten Moskaus verlegt. In einen besonders gut abgeschirmten Block, in dem vor allem politische Gegner von Putin inhaftiert sind.

Alexej Nawalny erfuhr vom Schicksal der Anwalte als diese nicht zu  einem Gerichtstermin erschienen, bei dem es um Verfahrenskosten  ging. Ein Journalist informierte Nawalny  von der Festnahme seiner Anwälte. Ein beispielsloser Vorgang. Immer häufiger werden russische Verteidiger selbst Opfer von Strafverfolgung. Nawalnys Unterstützer – die ebenfalls unter Beobachtung der Kreml-Justiz stehen und ständiger Behinderungen und Repressionen ausgesetzt sind – glauben, die Staatsorgane wollten mit der Verhaftung seiner Anwälte Nawalny hindern, Wladimir Putins Regime weiter öffentlich zu kritisieren. „Wer den Reiter nicht beißen kann, beißt das Pferd“, zitierte der exilierte Strafverteidiger Iwan Pawlow gegenüber dem TV-Kanal „Current Time“ ein orientalisches Sprichwort. Weil man Nawalny nicht zum Schweigen bringen könne, bestrafe man seine gesamte Umgebung.

Nicht wenige Anwälte und Anwältinnen in Russland befürchten, die Verhaftung der Nawalny-Verteidiger könne zur Regel im Justiz-Alltag werden. So drohten künftig Strafverfahren für jede beliebige Hilfe, die sie ihren Mandanten außerhalb des Gerichtssaales leisteten, vor allem in Extremismus- oder Terrorismusverfahren, von denen es in Russland inzwischen hunderte gebe. „Der Staat setzt den Angeklagten und seinen Verteidiger gleich.“ 

Ihre Befürchtungen wurden letzte Woche bestätigt. Die Regierung veröffentlichte ein Gesetzesprojekt, um Anwälten und Anwältinnen, die länger als ein Jahr außer Landes leben, ihren Anwaltsstatus zu entziehen. Anwälte, die aus ihrem Exil Kritik an der Kreml-Justiz äußern, droht damit ein Berufsverbot. Zur Aberkennung ihrer Staatsbürgerschaft ist es dann nur noch ein kleiner Schritt. Nawalny-Verteidiger und Nawalny-Unterstützer sollen mundtot gemacht werden. Dazu sind alle Mittel recht. 

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