Neue Wege gehen
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Es gibt kein Gegenargument, das stark genug ist, der Gewinnung gesunden Lebens etwas entgegenzusetzen. Ein Fortpflanzungsgesetz sollte deshalb die Keimbahntherapie regeln.

Bereits seit Längerem ist es in Deutschland zulässig, männliche Samenzellen zu selektieren, um auf diese Weise Erbkrankheiten zu verhindern. Daher wäre es nur konsequent, unsere neuen technologischen Möglichkeiten zu nutzen und "Mitochondrien()":http://de.wikipedia.org/wiki/Mitochondrium, die sogenannten Kraftwerke der Zellen, zu verwenden. Denn sie sind genetisch unauffällig. Das "Einbringen von Eizellkernen()":http://www.dradio.de/dlf/sendungen/forschak/1903680/ in zuvor entkernte Eizellen mit funktionstüchtigem mitochondrialen Erbgut ist kein genetischer Eingriff im ursprünglichen Sinn, der neue Gene in das Erbgut einführt. Gene werden auch nicht ausgeschaltet. Ein Kern wird lediglich in eine neue Zelle transferiert. Damit ist das Risiko "dieser Form der Keimbahntherapie()":http://www.zeit.de/2012/44/Keimbahn-Therapie viel geringer als das Risiko einer Keimbahntherapie, bei der man Gene verändert. Für betroffene Familien bietet diese Therapie die Chance auf ein Kind, das ohne die schwere genetische Vorbelastung nicht hinreichend funktionstüchtigen mitochondrialen Erbguts zur Welt kommt. Wer die Zulässigkeit einer solchen Keimbahntherapie bestreitet, kann sich nicht auf den Status des Embryos berufen. Embryonen werden hier nicht „verbraucht“. Im Gegenteil soll gerade mit diesem technischen Eingriff vermieden werden, dass eine Präimplantations- oder Pränataldiagnostik nötig wird. Bei derartiger Diagnostik eines derartigen Defekts wird der Embryo entweder nicht implantiert oder gar der Fötus im Mutterleib getötet. Da freilich "mitochondriale Fehlfunktionen()":http://dgm.org/mito/index.php?article_id=14 nur einen Bruchteil möglicher genetischer Veränderungen ausmachen, wird die Erlaubnis der Zulässigkeit dieser Form der Keimbahntherapie mit Sicherheit weder Präimplantations- noch Pränataldiagnostik überflüssig machen. Wer also diese neue technische Möglichkeit ablehnt, wird andere Gründe benennen müssen. Ein Grund lautet: Bereits die Voraussetzung dieser technischen Möglichkeit, nämlich die Eizellgewinnung, ist unmoralisch, da hier der Liebesakt und der Zeugungsakt getrennt werden. So argumentiert beispielsweise das katholische Lehramt. Dann wäre freilich auch jede künstliche Befruchtung unzulässig. Jedoch ist diese technische Form der Fortpflanzung nahezu weltweit zugelassen und in vielen Staaten übernehmen die Krankenkassen die Behandlung teilweise oder sogar ganz. Ethisch lässt sich dies dadurch rechtfertigen, dass wir Menschen hier die Technik nutzen, um einem neuen Menschenleben den Weg zu bahnen. Diese ethische Überzeugung, dass die Existenz eines Menschen etwas Wertvolles und Wünschenswertes ist, wofür die Technik in den Dienst genommen werden darf, wenn der übliche Weg nicht funktioniert, ist auch zentral dafür, dass ich mich für die Zulässigkeit der Keimbahntherapie ausspreche.