Gut-Bürger – werdet Wutbürger!
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Es gibt Zeitgenossen, die mit skurriler Emotion, deplatzierten Demos, abartigen Facebook-Posts, Lügen, Denunziation, Hass und Wut Politik machen – und populistisch die Welt verändern. Wollen wir das zulassen? Nein. Wir dürfen die politische Emotionalität nicht preisgeben.

__Lange Zeit haben wir uns lässig entspannt zurückgehalten: politisches Engagement, laute Diskussionen, echter Streit – all das haben wir „den anderen“ überlassen. „Es wird schon alles geregelt sein.“ „Es gibt ja genug vernünftige Menschen.“ „Es läuft doch alles ganz gut.“ Und plötzlichen merken wir: Es gibt Zeitgenossen, die mit skurriler Emotion, deplatzierten Demos, abartigen Facebook-Posts, Lügen, Denunziation, Hass und Wut Politik machen – und populistisch die Welt verändern. Wollen wir das zulassen? Nein. Wir dürfen die politische Emotionalität nicht preisgeben. Unser Motto: „Gut-Bürger“ werden Wutbürger!__ Könnt ihr euch noch erinnern, als viele von uns früher auf die Straße gingen bei den Friedensdemos, wo wir engagiert und mit viel Idealismus großen Zielen und Ideen hinterher gelaufen sind. Laut, mit Trillerpfeifen, Spruchbändern, Geschrei – und einer gehörigen Portion Power im Bauch. Millionenfach. Als wir uns politisch engagiert haben, weil wir uns nicht sicher waren, ob unsere Zukunft tatsächlich sicher auf ihren Beinen steht, ob es ein Atomkrieg auf Basis des kalten Kriegs gibt, ob die Welt im Chaos versinkt, ob die Erde den Prognosen des „Club of Rome“ entsprechend bald am Ende ist. Wir hatten Ideale – und die Politik schien sie nicht zu haben. Dafür war es wert zu kämpfen. Nicht immer nur mit Fingerspitzengefühl und sensiblen Argumenten, sondern mit voller Power. Mit Überzeugung. Mit innerer Berufung und dem Herzen folgend. Vielleicht war es keine „Wut“, eher Angst, Unsicherheit, Misstrauen. Aber es war Ernst, es war kompromisslos – und es war hochgradig emotional. Die 68er-Studentenunruhen hatten die bürgerliche Fassade angestoßen, bis hin zum Straßen- und Kulturkampf. Die nächste Generation hat die Strukturen innerhalb ihrer selbst verändert, sich engagiert, ist zu Friedens-Demos gefahren, hat Menschenketten gebildet, Lichter angezündet, friedlichen Widerstand geleistet, und so letztlich Politik positiv umgebaut, quasi „gut“ gemacht. Willy Brandt hat uns dann ans Ziel geführt, mit Reformen, Gesten und Versöhnungen. Wir wurden verstanden, Emotionalität war Teil der Politik. Wirkung erzielt: alles gut?