Der Murschid vom Mursi
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Ägypten droht die Spaltung – denn die Einflüsterer des Präsidenten erweisen sich als politische Betonköpfe. Jetzt kommen für das Land nur noch zwei Szenarien in Betracht.

„Ein Ja zur Verfassung bedeutet Stabilität!“ So röhrt es aus Lautsprechern, so ist auf fünf Meter langen Transparenten zu lesen. Die Moslembrüder sind aufmarschiert, bärtig und grimmig und zu vielem entschlossen zum Beispiel den nicht weit entfernten Palast ihres Präsidenten zu verteidigen. Ein paar tausend sind gekommen. Alle haben nur ein Ziel, ihre Verfassung muss auch auf den letzten Metern dieses Kampfes gegen die Liberalen verteidigt, durchgeboxt und dann an den beiden Wahlsamstagen über die Ziellinie gebracht werden. Argumente der Gegner machen sie nieder. Ein Redner dröhnt: „Wer gegen die Verfassung ist, der ist gegen den Islam.“ Die Moslembrüder wissen, solche Argumente ziehen bei der Mehrheit der frommen Bevölkerung; mit solchen Sprüchen haben sie letztes Jahr schon mal ein Verfassungsreferendum gewonnen. Es ist eine Woche vor der nächsten Volksabstimmung, diesmal über Ägyptens an der Sharia entlang geschriebenen Islamistenverfassung, die von Moslembrüdern und Salafisten fast im Alleingang formuliert wurde.