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> NRW: Innere Sicherheit als Wahlkampfthema

Wegen Jäger: Verliert die SPD in NRW?

Auf der Zielgeraden des Landtagswahlkampfes in Nordrhein-Westfalen zeichnet sich ein überraschendes Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und Union ab, wobei die CDU knapp vorn liegen könnte. Der Niedergang der SPD hat dabei einen Namen: Ralf Jäger. Das große Thema für die Wähler ist offenkundig die innere Sicherheit. Hat Jäger hier versagt? Jetzt könnte sogar der Stuhl von Hannelore Kraft wackeln.

The European

In den Umfragen seit Oktober 2016 hatte die SPD regelmäßig deutlich vor der CDU gelegen. Wenige Wochen vor der Wahl verloren die Sozialdemokraten binnen eines Monats drei Prozentpunkte in der Wählergunst, die CDU packte im gleichen Zeitraum vier Prozent drauf, beide kamen Ende April auf 34 Prozent. Knapp drei Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen zeichnete sich damit nach einer Umfrage von Infratest Dimap im Auftrag des WDR ein überraschendes Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und Union ab. Das immer wieder vorherrschende Thema: die innere Sicherheit. Unmittelbar vor der Abstimmung sieht die Forschungsgruppe Wahlen die Union bei 32, die SPD bei 31 Prozent. Es riecht nach einer Abwahl der Mnisterpräsidentin, obwohl der Herausforderer keine überragende Zustimmung genießt. Wie kommt es zu dieser bemerkenswerten Stimmungslage? Die Menschen in Nordrhein-Westfalen haben offenkundig große Bedenken, die Sicherheit im Lande weiterhin in den Händen eines erschreckend schwachen Ralf Jäger zu sehen. Seinen Umgang mit Fragen der inneren Sicherheit akzeptieren die Bürger in Zeiten des Terrors einfach nicht. Hat denn die Regierungschefin des größten Bundeslandes keine peersonelle Alternative? Hat sie keinen Ratgeber, der ihr sagt, was in Werdohl, in Netphen, in Oer-Erkenschwick gedacht wird? Was sehr viele Menschen intuitiv erfassen, hatte der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz sehr genau recherchiert: Dort sah man in Amri glasklar den Terroristen, den potentiellen Massenmörder. Am 4. März 2016 wurde Jäger dringend dazu geraten, Amri abzuschieben, ohne wenn und aber. Wörtlich stellten die Verfassungsschützer fest, Amri stelle ein „nicht kalkulierbares Risiko“ dar. Doch Jäger reagierte nicht.

Das Versagen des Ralf Jäger
Als am 31. Juli 2016 Anis Amri in Ravensburg verhaftet wurde, übrigens zum inzwischen dritten Mal auf deutschem Boden, hat da der für seinen Fall zuständige Minister Ralf Jäger alles unternommen, um Klarheit über die Gefährlichkeit des Tunesiers zu erhalten? Jäger selbst hat vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags in Düsseldorf ausgesagt, genau das habe er getan. Aber er hat allem Anschein nach gelogen! Generalbundesanwalt Peter Frank teilte demselben Ausschuss mit, dass seine Behörde nicht von Jäger kontaktiert worden sei. Das ist das Gegenteil von dem, was der Minister behauptet hat, denn wer die Bundesanwaltschaft nicht fragt, ob zu einem bestimmten Verdächtigen etwas vorliegt, der hat eben nicht alles getan, was möglich gewesen wäre. Minister Jäger aber bleibt dabei, alles getan zu haben. Das kann aus einem weiteren Grund nicht stimmen: er hat den späteren Attentäter laufenlassen. Wie wäre der sonst nach Berlin gekommen? Sogar der von der nordrhein-westfälischen Landesregierung selbst bestellte Gutachter, Professor Bernhard Kretschmer, sagte aus, dass bei voller Würdigung aller Verdachtsmomente im Frühjahr 2016 eine Abschiebungsanordnung gegen Amri nach §58a des aufenthaltsgesetzes durchaus hätte erfolgreich sein können, "The European stellte dies bereits am 28. März fest":http://www.theeuropean.de/sebastian-sigler/12003-im-fall-anis-amri-haette-er-handeln-muessen. Doch der Gutachter hat die wirklich aussagekräftigen Fakten wohl nicht aus der Staatskanzlei erhalten. Hat er sie selbst recherchieren müssen? Es scheint so. CDU-Fraktionschef Armin Laschet sagte dazu der Bildzeitung: „Einen befangenen Gutachter mit falschen Grundlagen loszuschicken und das Opfern und Öffentlichkeit als Aufklärung zu verkaufen – damit bekommt die übliche Schönrednerei von Frau Kraft eine neue Dimension: Krasse Täuschung. Damit treibt sie die Vertuschungstechnik ihres Vertrauten Jäger auf die Spitze.“ Das sind natürlich Wahlkampftöne, aber einen wahren Kern haben sie wohl.
Frau Kraft, warum handeln Sie immer noch nicht?
Frau Kraft, wenn es so weitergeht, vermasselt Ihnen Ihr Innenminister die ganze Landtagswahl. Wenn die CDU stärker wird, werden Sie Ihren Sessel räumen müssen! Denn: Schützenhilfe für Sie ist nicht wirklich in Sicht. Die FDP legt in den neuesten Umfragen ebenfalls zu und kommt auf zehn Prozent, die AfD speckt leicht ab und landet bei acht Prozent, die Linke steht bei fünf Prozent auf der Kippe. Bemerkenswert ist, dass auch die Grünen ihre Zustimmungswerte nicht verbessern können: sechs Prozent sind keine sichere Bank für den Wiedereinzug in das Landesparlament, aber vor allem sind Rot und Grün gemeinsam aktuell weit über zehn Prozentpunkte von einer Mehrheit entfernt. In Parlamentssitzen dürfte sich die Machtferne noch deutlicher ausdrücken – insbesondere, falls Honeckers Urenkel, die auf ihren Wahlplakaten mit der gereckten Kommunistenfaust werben, den Einzug in den Landtag am Rheinknie verpassen. Auch die Koalition, die mit Rot-Röter-Gender vielleicht passend beschrieben ist, hat für den Fall, dass die Linke in den Landtag einzieht, bei weitem keine Mehrheit. Auch hierfür liegt der Grund auf der Hand: Linke und Grüne haben in puncto innere Sicherheit auch keine bessere Expertise als der augenscheinlich hoffnungslos überforderte Innenminister. Drei Prozentpunkte, und das drei Wochen vor der Wahl. Der SPD-Rutsch hat einen Namen: Ralf Jäger. Die CDU punktet deutlich mit dem Thema Sicherheit. Die kürzlich mit überzeugender Zustimmung von über 40 Prozent wiedergewählte Saar-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) spitzte exakt zu: Sie bezeichnete den amtierenden NRW-Innenminister Ralf Jäger als größtes Sicherheitsrisiko im eigenen Land.
Jäger hätte den IS-Terroisten abschieben müssen
War es eine unglaubliche politische Fehleinschätzung? War es krasse Überforderung? War es einfach nur Ignoranz? Amri blieb in Deutschland und radikalisierte sich zusehends. Er konnte sich ungehindert von Kleve, wo die Behörden eigentlich längst seine Abschiebung in die Wege hätten leiten sollen, nach Berlin absetzen. Auch dort wurden bald Landeskriminalamt und Verfassungsschutz auf ihn aufmerksam. Abermals tat Jäger nichts – nun waren ja die Berliner zuständig. Vielleicht auch, weil einfach nicht sein durfte, was nicht sein sollte. Der Rechtsstaat sei bis an seine Grenzen gegangen, hat Jäger verlauten lassen – die LKA-Leute widersprechen bis heute offen. Das BKA hatte zu allem hin im Oktober 2016 die Identität von Anis Amri durch einen Gewährsmann in Tunesien zweifelsfrei bestätigt. Fast zwei Monate vor dem Anschlag stand der Abschiebung damit nicht einmal mehr theoretisch etwas im Wege. Der renommierte Innenpolitiker Wolfgang Bosbach soll innenpolitischer Berater für Armin Laschet werden, falls der die Landtagswahl in NRW gewinnen sollte. Im Focus-Interview beklagte Bosbach, „dass die Innenpolitik unter Rot-Grün so sträflich vernachlässigt wurde.“ Und dann nennt er Namen: „Der SPD-Innenminister Ralf Jäger hat NRW in den letzten Jahren zu einer Kriminellenhochburg verkommen lassen. Die Wahrscheinlichkeit, in Nordrhein-Westfalen Opfer einer Straftat zu werden, ist 70 Prozent höher als in Bayern. Es wird mir eine Freude sein, dabei zu helfen, das zu ändern.“
Der lange Schatten der Kölner Silvesternacht
Denn der Fall Anis Amri war nicht das einzige Jäger-Versagen. Die Silvesternacht von Köln ist ebenfalls als ein Beispiel für eine krasse Fehleinschätzung, ein Nichtstun im Amt zu sehen. Als die Ministerpräsidentin, immerhin mit einem gewissen politischen Instinkt gesegnet, am 3. oder 4. Januar 2016 scheibchenweise begann, Schadensbegrenzung zu betreiben, ruderte der Innenminister immer noch tapfer gegen die offensichtlich hereingebrochene Flutwelle an. Massive Verbrechen durch Migranten waren und sind, so scheint es, so weit von seinem gedanklichen Erwartungshorizont entfernt, dass er mit der Beurteilung solcher Taten, ja mit ihrem bloßen Erkennen hoffnungslos überfordert war. Wolfgang Bosbach zum Versagen, das bei Ralf Jäger auf ganzer Linie zu beobachten ist: „Kaum etwas Anderes hat das besser verdeutlicht als das Debakel des Polizeieinsatzes in der Silvesternacht vor knapp anderthalb Jahren in Köln. Da hat ein Spuk stattgefunden, der in München nach fünf Minuten vorbei gewesen wäre.“ Wie wahr! Die Unzufriedenheit sehr vieler Menschen mit der schlechten Lage in puncto innere Sicherheit hat kurz vor der Landtagswahl den Hauch einer Wechselstimmung im Land zwischen Rhein und Weser entstehen lassen. Aktuell hat das dazu geführt, dass die keinesfalls sieggewohnte NRW-CDU zur Wahlsiegerin werden könnte. Zwar machen Armin Laschet und seine Wahlkämpfer einen ordentlichen Job, indem sie sich auf exakt das Thema konzentrieren, das so viele Menschen umtreibt, doch das allein ist es nicht. Die Probleme der Landesregierung sind vielmehr eher hausgemacht. Abgesehen von der eklatanten Schwäche der Grünen in NRW heißt der größte Schwachpunkt von Rot-Grün: Ralf Jäger. Seine Art, mit Themen der inneren Sicherheit vom IS-Terror bis hin zum Wohnungseinbruch umzugehen, könnte die sanfte Brise einer beginnenden Wechselstimmung an Rhein und Weser zum Sturm anfachen. Wenn Hannelore Kraft ihr Amt am 14. Mai verlieren sollte, wird sie sich dies aber selbst zuzuschreiben haben, denn sie hätte veranlassen können, was seit über einem Jahr dringend fällig gewesen wäre: die Entlassung von Ralf Jäger.
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