„Ich kenne nichts Sichereres“
SPD und CDU streiten über die Alterssicherung. Rentenlegende Norbert Blüm spricht Klartext: Er erklärt Sebastian Pfeffer die Fehler der aktuellen Vorschläge und warum die Rente früher sicherer war.

*The European: Herr Blüm, wie haben Sie die Rentendiskussion der vergangenen Wochen erlebt?* Blüm: Als einen Beitrag zur Verwirrung und dazu, die Rente unsicher zu machen. *The European: Wie meinen Sie das?* Blüm: Die gemachten Vorschläge weichen den Beitragsbezug weiter auf und damit die Verlässlichkeit der Rente. Je mehr die Rente von den Beiträgen entkoppelt wird, desto stärker wird der Eigentumscharakter der Beiträge relativiert. *The European: Können Sie das bitte erläutern?* Blüm: Denken wir uns einen Rentner, der aufgrund von Beitragsleistungen 850 Euro Rente hat. Er hat gearbeitet, dafür bekommt er Rente. Ein zweiter Rentner erhält ebenfalls 850 Euro. Seine Rente wird jedoch von seinen Arbeitskollegen und -kolleginnen mit bezahlt – das ist das Zuschussmodell von Arbeitsministerin von der Leyen. Ein dritter hat auch 850 Euro, die allerdings vom Steuerzahler mit finanziert werden – das ist die Solidarvariante der SPD. Das sind dreimal 850 Euro, dreimal heißt es Rente. Am Ende dieses Spiels weiß aber niemand mehr, wer welche Hand in wessen Tasche hatte. *The European: Und wenn keine Mindestrente eingeführt wird, dann fallen die Menschen in die sozialen Sicherungssysteme. Das ist doch auch keine Lösung.* Blüm: Aber wenn man eine ordentliche Rente zahlt, dann fallen die Leute eben nicht in die Sicherungssysteme. Erst wenn das Rentenniveau abgesenkt wird, werden die Menschen in die Fürsorgesysteme gedrängt. Fürsorge kann immer nur das letzte Netz sein und sollte von der Rente getrennt sein. Jetzt soll die Notlösung zur Regel gemacht werden. Ich will keinen Staat, der überall Bedarf prüft, der ständig mit der Maske des Wohltäters fragt: haste was, biste was, kannste was? Das widerspricht dem Selbstbewusstsein der Arbeitnehmer. Sie haben Beitrag bezahlt, sie sollen ihre Rente bekommen – unabhängig davon, ob noch ein Auto in der Garage steht oder nicht. Die Logik, die wir jetzt ausbauen, ist doch die: Geh am besten gar nicht arbeiten, sondern gleich zum Sozialamt.