893 Diamanten an der Uhr des WM-Königs
Marokkos Fußballer sorgen bei der Fußball-Weltmeisterschaft sportlich für Furore. Ihr König gerät darüber in Ekstase und läßt sich als WM-König feiern. Dabei führt er sein Land mit brutaler Unterdrückung und trägt obszönen Luxus zu Schau. Von Wolfram Weimer

Seine Schweizer Armbanduhr trägt 893 Diamanten. Der Luxus-Chronometer namens „Nautilus“ wird mit seinem angeblich „perfekten Gleichgewicht zwischen Sport, Eleganz und Genügsamkeit“ beworben und kostet 1,2 Millionen Dollar. Doch von Genügsamkeit ist König Mohammed so weit entfernt wie Marokko vom Mars. Der 59 Jahre alte Monarch herrscht seit 1999 über 37,5 Millionen Marokkaner mit großer Brutalität und noch größerer Gier nach persönlichem Luxus.
Die Uhren und seine exzentrische Garderobe (von goldenen Schnürsenkeln bis zum Wollmantel vom Schneider aus London für 48.000 Euro) sind dabei noch Kleinigkeiten im Vergleich zu seiner Schwäche für Luxus-Autos - mehr als 600 davon stehen in seinen Palastgaragen, Mercedes, Ferrari, Bentley, Rolls-Royce, reihenweise seltene Oldtimer. Seinen Aston Martin DB7 läßt er schon mal an Bord einer Army Hercules nach Newport (England) fliegen, um ihn zu reparieren.
Zynischerweise nennt sich Mohammed VI. gerne „Roi des pauvres » („König der Armen“), dabei zählt er zu den reichsten Königen weltweit.
Denn die 600 Karossen sind wiederum nur Kleinigkeiten neben seinen Jachten, wovon alleine die „Badis I.“ (eine der größten Segelyachten der Welt) 88 Millionen Euro kostete. Zu den Jachten kommen seine Privatflugzeuge, von zwei Boeing-Riesen über Gulfstream-Jets für 57 Millionen Euro bis hin zu einer speziellen Hercules, die nur seine Möbel und Gepäck durch die Welt fliegt. Seine Flugzeuge sind luxuriös ausstaffiert und verfügen über eigene israelische Raketenabwehrsysteme.
Die Privatflugzeuge braucht er schon, um seine weitläufigen Latifundien und Privat-Immobilien zu besuchen. Alleine in Marokko unterhält er 12 Paläste mit mehr als 1000 Dienern. Alle sind laufend in Betrieb, denn der König könnte ja kommen. Im Palast von Rabat hat er eine Privatklinik, zwei Schwimmbäder, zwei Golfplätze, Tennisplätze, einen Wald, einen Friedhof, Pferdestallungen, ein Schlachthaus und sogar - das spielt in Marokko leider grundsätzlich eine große Rolle - ein Gefängnis.
In Frankreich, beim Halbfinalgegner seiner Fußball-Mannschaft, besitzt der König das Château de Betz mit 70 Hektar Land vor den Toren von Paris. Dort liefert der örtliche Bäcker schon mal 300 Baguettes pro Tag, wenn Mohamed VI. mit 200 Personen seine Sommerfrische begeht. In Paris selbst gehört ihm ein Luxushotel, und in der Nähe des Champ de Mars hat er für 80 Millionen Euro vom saudischen Ex-Verteidigungsminister ein weiteres Herrenhaus gekauft. Insgesamt lebt Marokkos König ein demonstrativ-obszönes Luxusleben von den teuersten Maßschuhen der Welt bis hin zu Großwildjagden in Afrika.
Doch all der demonstrative Luxus bildet das wahre Vermögen des Monarchen immer noch nicht ab.
Denn Mohammed hat sich über die Jahrzehnten mit seiner Familie ein weit verzweigtes Wirtschaftsimperium zusammen geklaubt. Er kontrolliert die größten marokkanischen Finanz- und Industriekonglomerate. Nach Recherchen des französischen Magazins „Le Point“ machen die Privatbeteiligungen insgesamt acht Prozent von Marokkos Bruttoinlandsprodukts aus. Der König ist damit zugleich der reichste Mensch Afrikas. Obwohl mit Abstand größter Landeigner und Lebensmittelproduzent ist „M6“ auch noch steuerbefreit. Und natürlich gehört ihm neben zahlreichen Weingütern auch die größte Brauerei des Landes.
Marokkos König hat damit neben der politischen auch die wirtschaftliche Macht des Landes in seinen Händen. Er regiert das Land wie ein absolutistischer Herrscher. Oppositionelle werden weggesperrt, immer wieder beklagen Menschenrechtsorganisationen Folter in den Gefängnissen. Es reichen schon kleine Posts in sozialen Medien und des Königs Polizei schlägt zu. So wie in diesen Tagen Rida Benotmane, der nach kritischen Youtube-Videos zu drei Jahren Haft verurteilt worden ist.
Kritik am König gilt als Majestätsbeleidigung und wird als „Angriff auf die heiligen Werte der Nation“ mit Gefängnis bestraft. Das gleiche droht Homosexuellen.
Laut dem Genfer Weltwirtschaftsforum rangiert Marokko auch bei den Frauenrechten auf dem miserablen Platz 133 von 142. In der Rangliste der Pressefreiheit 2021, die von „Reporter ohne Grenzen“ herausgegeben wird, belegte Marokko Platz 135 von 180 Ländern. Kurzum: Menschenrechte haben in seinem Königreich keine Heimat.
Für den König ist daher die Fußball-Weltmeisterschaft eine herausragende Gelegenheit, sich und Land endlich einmal positiv in Szene zu setzen - und seiner üblen Absahnerdiktatur vor der Weltöffentlichkeit Reputation zu verschaffen. Den Traum vom Weltmeistertitel seiner „Atlas-Löwen“ verknüpft er geschickt mit einer Siegersehnsucht im gesamten arabischen Raum. Noch nie hatte ein arabisches Team die Runde der letzten acht erreicht, auch diesmal waren alle anderen arabischen Mannschaften bereits in der Vorrunde ausgeschieden. Jetzt ruhen die Hoffnungen aller Araber auf Marokko. Selbst Katars Emir Tamim bin Hamad Al Thani hielt TV-wirksam eine marokkanische Flagge in der Hand. Arabischstämmige Fans auf der ganzen Welt bejubeln den Triumph der Marokkaner mit einer bemerkenswerten Aggressivität und sehen ihn offenbar als eine sportliche Blaupause im politischen Kulturkampf gegen den Westen. König Mohammed VI. nutzt das gezielt, in dem er seine Rolle als religiöses Oberhaupt Marokkos und angeblich direkter Nachfahre des Propheten Mohammed profiliert.
Nun denkt der König weiter und träumt von der großen Fußballbühne im eigenen Land. Fünfmal ist das Land mit einer Bewerbung als WM-Gastgeber schon gescheitert, zuletzt mit der für 2026. Nun versucht er es ein sechstes Mal: „Auf Anweisung seiner Majestät König Mohammed VI. werden wir uns für die Weltmeisterschaft 2030 bewerben", sagte dazu Marokkos Sportminister Rachid Talbi Alami der französischen Nachrichtenagentur AFP. Seine Diamantenuhr wird der König bei der Fifa schon mal spazieren tragen.