Ich!
Die Presse geißelt das „große Ego“ des Ferdinand Piëch und bringt damit ein ganzes Konzept in Verruf. Das ist gefährlich, denn das Ego ist die Grundvoraussetzung für erfolgreiches Unternehmertum.

In der Berichterstattung der vergangenen Wochen über den Machtkampf an der Spitze des Volkswagen-Konzerns hatte es wieder seinen schillernden Auftritt: das „große Ego“ der Wirtschaftsbosse und Manager, oder zumindest das, was die Presse damit verbindet. Als ein Machtkampf zweier solcher „Egos“ wurde die Kraftprobe zwischen dem Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piëch und dem Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn inszeniert, insbesondere mit Blick auf den stur und nicht gerade glücklich agierenden „Patriarchen“ Piëch wurde die Phrase gern bemüht. Ein „großes Ego“, das ist in der Wirtschaftsberichterstattung geradezu zum geflügelten Wort geworden, man verbindet es mit Rücksichtslosigkeit, Engstirnigkeit und Gier. Doch die mediale Kasteiung des sogenannten „großen Egos“ ist in mehrfacher Hinsicht schädlich. Sie rückt jede Art von erfolgreichem wirtschaftlichem Agieren in ein schlechtes Licht, stellt unternehmerisch tätige Menschen unter Generalverdacht, und bringt vor allem ganz zu Unrecht das Ego in Verruf, das seit der cartesianischen Wende im Mittelpunkt aufklärender bürgerlicher Philosophie steht. Unter dem „Ego“, beziehungsweise dem Selbstwert, "so Wikipedia":http://de.wikipedia.org/wiki/Einstellung_%28Psychologie%29, verstehe die Psychologie „die Bewertung, die man von sich selbst hat“. Ein meines Erachtens dem eigentlich Gemeinten noch besser Rechnung tragender Begriff ist daher „Selbstbewusstsein“ – das Bewusstsein also darüber, was und wer ich bin. Es bezeichnet einen reflektierten Prozess des sich selbst Begreifens, des sich selbst Einschätzens. So verstanden ist ein starkes Selbstbewusstsein nichts Schlechtes, sondern die notwendige Voraussetzung einer stabilen, in sich ruhenden Persönlichkeit. Die affektive Verknüpfung von Selbstdarstellern und Blendern mit dem „großen Ego“ attackiert so letztlich das bürgerliche Streben nach Glück, das doch den Kern unserer Gesellschaft ausmacht.