Lass sich retten wer kann
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ESM und Fiskalpakt bedrohen die Souveränität des Parlaments. Nur das Bundesverfassungsgericht kann den Bundestag noch vor sich selbst schützen.

Bremser, Zauderer, Verhinderer: So und anders lauteten anfangs einige unbedachte Kommentare als von mehreren Seiten Klagen beim Bundesverfassungsgericht zum Euro-Krisenfonds (ESM) und den europäischen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin angekündigt wurden. Manch einer verstieg sich sogar so weit, die Klägerinnen und Kläger als „Anti-Europäer“ zu brandmarken. Die Bundesregierung, allen voran Finanzminister Schäuble, mahnte die Verfassungsrichter zur Eile – ein äußerst ungewöhnlicher Vorgang. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe als höchstes deutsches Gericht ist Hüterin der Verfassung. Es ist das bedeutendste Organ der Judikative – der rechtssprechenden Gewalt in unserem Staat und damit auch Teil der vom Grundgesetz vorgesehenen Gewaltenteilung. Die Verfassung schreibt vor, dass alle Staatsgewalt vom Volke auszugehen hat (Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz). Sie wird von Volk in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung (Legislative), der vollziehenden Gewalt (Exekutive) und der Rechtsprechung (Judikative) ausgeübt. Diese drei Gewalten sollen sich gegenseitig kontrollieren. Wenn nun also das Bundesverfassungsgericht in Eilanträgen über die vom Parlament getroffenen Entscheidungen zu ESM und Fiskalpakt entscheiden muss, so ist das ein ganz legitimer, verfassungsgemäßer Vorgang im Rahmen der Gewaltenteilung. Zumal das Bundesverfassungsgericht sich nicht willkürlich selbst Sachverhalte aussuchen und einer Verfassungsmäßigkeitsprüfung unterziehen darf. Vielmehr enthalten Grundgesetz und Bundesverfassungsgerichtsgesetz abschließende Zuständigkeitskataloge, wer berechtigt ist Anträge in welcher Form beim Bundesverfassungsgericht zu stellen. Bevor das Bundesverfassungsgericht prüfen darf, bedarf es immer erst einer Klage, in der eine Verfassungsverletzung gerügt wird.