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> Lehren aus dem Minarett-Verbot

Säkulare Muslime weisen den Weg

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Nach der Entscheidung in der Schweiz ist es an der Zeit zu klären: Was ist islamisch und was lediglich Tradition? Eine Antwort kann nur im Dialog gefunden werden. Mit den Verbänden, aber vor allem mit Muslimen, die sich nicht vom Islam vereinnahmen lassen.

The European

Der Volksentscheid über den Bau von Minaretten in der Schweiz ist eine demokratische Entscheidung. Man kann und vielleicht muss man ihn sogar missbilligen, zumindest was den Ausgang des Referendums betrifft. Das Ergebnis ist aber dennoch lehrreich: Wir müssen die Ängste ernst nehmen und endlich neue Gesprächspartner unter unseren muslimischen Mitbürgern finden. Die Ängste vieler Schweizer basieren zum großen Teil auf Unkenntnis über den Islam und islamische Mitbürger, aber auch auf eine überzogene Medienberichterstattung über Gewalt in islamischen Ländern und von islamischen Gruppen. Dazu genügt ein Blick auf die regionale Stimmverteilung: Besonders in den ländlichen Gebieten waren viele für das Bauverbot. Dort leben aber weitaus weniger Muslime - es gibt dort also weniger Kontakt mit islamischem Glauben und Traditionen. In den Großstädten Basel und Genf ist das Ergebnis ein völlig anderes. Die Menschen haben den Islam dort vor der Tür, sie wissen mit islamischen Mitbürgern umzugehen.

Ängste der Bevölkerung
Doch es geht nicht nur um die Schweiz. Wolfgang Bosbach hat recht, wenn er fordert, die Sorgen der Bürger in Europa ernst zu nehmen. Es gibt Ängste in der Bevölkerung. Deshalb ist es auch wenig überraschend, was Umfragen im Nachgang der Schweizer Entscheidung gezeigt haben: Auch in anderen Staaten Europas hätte sich eine Mehrheit in einer Volksabstimmung gegen den Bau von Minaretten ausgesprochen. Das Muster ist in allen Ländern gleich. Viele tun sich schwer damit, Migranten mit islamischem Glauben einzuordnen. Viele machen dabei den Fehler, Traditionen und Glauben in einen Topf zu werfen. Nur ein Beispiel: Das aggressive Verhalten mancher junger Männer aus islamischen Ländern hat nichts mit dem Islam zu tun, sondern ist in ihrer Sozialisation in konservativen, traditionell männerbestimmten Gesellschaften begründet. Was ist zu tun? Der Bevölkerung muss man sagen: Wir haben tagtäglich mit Menschen aus islamischen Ländern zu tun. Der Gemüsehändler um die Ecke, aber auch immer mehr Akademiker haben einen islamischen Hintergrund - vor diesen Mitbürgern muss niemand Angst haben.
Der Dialog muss auch säkulare Bürger einbeziehen
Man muss nun gemeinsam versuchen zu klären, was islamisch und was lediglich eine Frage der Tradition ist. Dabei ist wichtig, nicht immer gleich mit Political Correctness zu drohen. Es gibt einen Bedarf, diese Frage zu klären. Dazu ist aber auch Sachkenntnis notwendig. Man muss wissen, worüber man spricht. Vor allem darf man nicht den Fehler machen, nur mit den muslimischen Verbänden zu sprechen. Diese Verbände stellen lediglich ihre Interessen in den Vordergrund und fühlen sich oft in die Schmutzecke gestellt. Ein Dialog muss auch andere einbeziehen. Nämlich diejenigen, die nur noch eine persönliche Bindung an den Islam haben - sich nicht vom Islam vereinnahmen lassen. Diejenigen, die sich als säkulare Bürger verstehen, die keine Probleme haben sich zu integrieren. Mit diesen islamischen Mitbürgern muss man reden. Die Autorin und Frauenrechtlerin Necla Kelek ist ein Paradebeispiel dafür, wie man sich von der eigenen Gesellschaft emanzipieren kann, ohne sie zu verleugnen. Solche Menschen können uns erklären, wo die Probleme liegen. Solche säkularen Muslime können uns Wege weisen, wie wir mit muslimischen Mitbürgern vernünftig umgehen können.
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