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> Lebenskultur statt Ideologie

Ein Fressen für Die Linke

Nun mal ernst. Die Linke hat ein ernsthaftes Problem mit Genuss und Lebensstil. Es war ihr Fehler, nur Ideologie zu predigen. Und nicht Lebenskultur.

The European

Irgendwie war das Thema schon letzte Woche Teil eines Gesprächs am Kombüsentisch. Und dann geisterte es beim Morgenkaffee mehrmals durch die Themen das Tages, die der Captain und seine Leute immer in der Früh besprechen. Wie es sich für eine Redaktion gehört. Das Thema? Man sollte was über Klaus Ernst machen, den Vorsitzenden der Linkspartei, der ja ein Feinschmecker sein soll, Porschefahrer zudem, Weinkenner zuzüglich. Ein idealer Interviewpartner für den Captain, ein linker Schlemmer. Herrlich.

Einer, der das Buffet abräumt
Ernst war letzte Woche wegen seiner Nebenverdienste ins Gerede gekommen. Neben seinem Abgeordnetengehalt beansprucht Ernst auch noch jene 3.500 Euro im Monat, die ihm von der Partei zugesichert zustehen. Das ist rechtens. Doch seine Co-Vorsitzende Gesine Lötzsch verzichtet auf das Geld der Partei. Ernst macht also bei seinen Genossen einen gierigen Eindruck. Einer, der das Buffet abräumt. Dazu kommt noch, dass die Staatsanwaltschaft Berlin gegen Ernst wegen eventuell gefälschter Spesenabrechnungen ermittelt. Das sind nicht gerade die besten Voraussetzungen, den Vorsitzenden der Linkspartei nach seinen Lieblingsweinen zu fragen. Die Pressestelle war über des Captains Anfrage auch derart erbost, dass die Parteibeamtin beinahe den Hörer auf die Gabel knallte. Der Captain nimmt an, sie dachte, es sei ein Scherz. Kann man ihr auch nicht übel nehmen. Ernst nimmt sich viel heraus. Seine Partei wird zumeist von Hartz-IV-Empfängern gewählt und finanziert. Die Wähler der Linkspartei, das darf man als gesichert annehmen, zücken keine goldenen Kreditkarten. Und haben keinen Humidor mit Havannas am Schreibtisch stehen. Und auch keinen Weinkeller, in dem der eine oder andere gute Bordeaux bei idealer Temperatur auf seine Reife wartet. Klaus Ernst ist also ein Provokateur. Und er kann sich sicher sein, in einer Partei der Provokateure untertauchen zu können. Oskar Lafontaine, noch immer mächtig, ist als Bonvivant bekannt, der Captain hat erlebt, wie er ungehalten wurde, als sein Sekretär kein gutes Restaurant aufstellen konnte, weil die meisten guten Restaurants in Saarbrücken und Umgebung montags geschlossen haben. Da war mit Lafontaine nicht gut Kirschen essen. Und auch von Lothar Bisky und Gregor Gysi ist bekannt, dass sie in Friedrichshain gerne zum guten Italiener gehen. Und dort auch mal die eine oder andere Flasche besseren Weins geköpft wird. Sogar Sarah Wagenknecht soll öfter mal zu Silberbesteck greifen. Dass sie sich gern mit dem Dienstwagen herumchauffieren lässt, ist ja schon festgestellt. Doch Klaus Ernst treibt es ein bisschen zu weit. Wieso eigentlich? Diese Frage ist unverschämt. Klar doch: weil die meisten wählenden und zahlenden Parteimitglieder jeden Cent umdrehen müssen. Und kein Geld für Poulardenbrüste aus märkischer Bodenzucht haben. Von anderen Extras, wie einen Porsche, ganz zu schweigen. Deswegen ist Klaus Ernst die Obszönität in Person. Und der Captain kann es den Wählern der Linkspartei nicht verdenken, wenn sie deswegen eine Diskussion über seinen Lebensstil vom Zaun brechen. Ernst dokumentiert das Dilemma der Linken in Deutschland. Ein Linker muss leiden, wie seine Wähler es tun. Das ist in anderen Ländern anders. Und das hat einen Grund. Als der Captain vor ein paar Jahren in Bologna den damaligen Parteivorsitzenden der reformierten Kommunisten Massimo d‘Alema traf, kam dieser in einem einfachen Dienstwagen. Sein Pressesprecher aber (auch ein Kommunist) fuhr einen flaschengrünen Jaguar, in den wir dann alle umstiegen. Nach dem Gespräch ging es im Jaguar zum gemeinsamen Mittagessen in eine Kneipe außerhalb Bolognas. In einem Arbeitervorort. Doch die Kneipe dort hatte eine der besten Weinkarten der Umgebung. Und ein hervorragendes Essen. Und obwohl das Essen nicht gerade günstig war, saßen rund um d‘Alema und seine Leibwächter eine Anzahl einfacher Besucher; Arbeiter, Angestellte, die sich ebenfalls ein gutes Menü und eine Flasche Mittagswein gönnten. In so einer Umgebung wird gutes Leben nicht als obszön wahrgenommen. Ähnliches gilt in Spanien und Portugal. Und selbstverständlich in Frankreich. Klaus Ernst pflegt nichts weiter als den Lebensstil eines linken Politikers, der auch seinen gesellschaftlichen Aufstieg zelebriert. Nur leider im falschen Land. In Deutschland gibt es eben keine grandios guten Vorstadtkneipen, die exzellente Weinkarten führen. Und wenn es sie gibt, dann sind sie wesentlich teurer als in Italien, Spanien, Portugal oder Frankreich. Und deswegen schon wieder mit anderer Klientel bevölkert. Dort trifft der Politiker nicht das Volk, sondern nur seinesgleichen: Aufsteiger, egal woher. Die deutschen Restaurants sind auch nicht aus Gier teurer, sondern weil sie zehn Angestellte versorgen müssen. Mit allen Lohnnebenkosten. In den mediterranen Ländern macht die Familie das Lokal. Und nimmt sich am Abend das Notwendige aus der Kasse. Deswegen bleibt die Rechnung für die Gäste in einem kalkulierbaren Bereich. Und so kann es sein, dass der teilbeschäftigte Claudio und seine Freundin Gianna in dieser guten Vorstadtkneipe auf den Vorsitzenden der italienischen Linkspartei treffen. Dass beide eine unterschiedlich gute Flasche Wein leeren. Und dass der Vorsitzende dann in seine Villa fährt. Und Claudio im Haus der Mama schläft. Mit 33. Im Kinderzimmer.
Klaus Ernst ist der Totengräber der Gourmet-Linken
Klaus Ernst ist einer der letzten Vertreter der Toskana-Fraktion: linke Politiker, die in den Achtzigern die Vorzüge der egalitären, von linken Landarbeitern geprägten mediterranen Gesellschaft kennen und schätzen gelernt haben. Und in den Neunzigern sah es auch eine Zeit lang so aus, als könne man diese Feinschmecker-Egalität nach Deutschland übertragen. Kann man aber nicht. Deswegen ist Klaus Ernst der Totengräber der Gourmet-Linken. Andere Zeiten sind angebrochen, Klaus Ernst hat es nur nicht gemerkt. Wenn Ernst das ändern will, dann muss er die Vorteile einer mediterranen Gesellschaft predigen. Da werden ihm nur wenige folgen. Deswegen hat ein Linker wie Klaus Ernst in Deutschland keine Zukunft. Zum bevorstehenden Abgang von Klaus Ernst trinkt der Captain hervorragende neue deutsche Rotweine von Markus Schneider aus Ellerstadt. Zum Beispiel die wunderbar ausgewogene Cuvée "Ursprung" (Cabernet, Merlot, Portugieser und Cabernet Mitos), einen deutschen Alltagsrotwein, wie er vor zehn Jahren nicht möglich war. Frucht, Kraft, gepaart mit Trinkfreude. Anspruch ohne Kopfzerbrechen. Als Gegenstück zum "Ursprung" empfiehlt der Captain den reinsortigen Cabernet "Tohowabohu", einen Bombenwein, den man schon mal ein paar Jahre weglegen kann.
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