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> Korruption unter Politikern

Unter Einfluss

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Direkte Korruption ist selten, indirekte die Regel. Höhere Bezahlung von Politikern hilft kaum, bessere Alterssicherungen und Berufsverbote müssen her.

The European

Vieles, was eine striktere Regelung unter Korruption fassen würde, würde viele Politiker in ihren selbstverständlich gewordenen Beziehungsgewohnheiten empfindlich stören. Das wurde gerade wieder an der "Causa Wulff":http://www.theeuropean.de/sebastian-pfeffer/9881-die-ewige-krise-des-christian-wulff sichtbar. Ständig werden sie eingeladen und freigehalten: das ist ein Eventbusiness, das ihnen ihr Dasein verschönt. Sie wollen nicht ständig darüber nachdenken, ob das, was ihnen geboten wird, die Grenzen des Anständigen oder Zulässigen übersteigt. Sie würden sich, angesichts ihrer längst zur Gewohnheit gewordenen Praxis, ausgeschlossen fühlen. Vieles davon wird von den Lobbys inszeniert, die oft die einzigen Gesprächspartner zu Fragen sind, die sie selber kaum beantworten können. Natürlich stehen Politiker unter Einfluss. Sie werden hofiert und bekommen Anerkennung – eine im politischen Geschäft seltene Währung, die sie gerne und häufig annehmen. Man trifft sich, trinkt und isst auf „after work parties“ und pflegt seine Netzwerke, auch seine politischen, für die Karriere. Wer hier als agil beobachtet wird, hat auch in der "Politik leicht höhere Chancen":http://www.theeuropean.de/debatte/9734-typus-berufspolitiker. Wer netzwerkagil ist, kann anderen Zugänge öffnen, um dafür selber wieder Zugänge geöffnet zu bekommen („gate keeping“).

Offiziell nie korrupt
Der Übergang in die Korruption ist oft unmerklich. Gefährdet sind vor allem Politiker in den Ausschüssen, denn dort münzt sich der Lobby-Einfluss in Gesetze bzw. Gesetzesvorbereitungen um. Dabei geht es eher selten um aktuelle Zahlungen (direkte Korruption), sondern um das Versprechen, wenn man in den Ausschüssen oder sonst wie der Lobby nützlich war, später Ämter zu bekommen (etwa in Aufsichtsräten, als Berater etc.), also um indirekte Korruption. Diese Methode hat den Vorteil, niemals offiziell als „korrupt“ aufdeckbar zu sein. Ihre Logik beruht auf der Sorge, als Politiker für die Wirtschaft eigentlich nicht mehr tauglich zu sein, wenn man einmal abgewählt werden sollte. Also braucht man – in einer Logik der Ämter – Versicherungsoptionen: entweder in den Seilschaften der Parteien, oder aber extra muros durch Zuarbeit für Unternehmen und andere Organisationen, Verbände, Gewerkschaften, die einen später mit Posten und Ämtern belohnen. Die direkte Korruption findet eher in den Ebenen statt, in denen sich jene „Loser“ aufhalten, die absehbar keine Karrieren mehr bekommen (in Politik wie vor allem in den Verwaltungen). Die Korruption ist dann ihre „zweite Karriere“, zum Zweck der Rache, aus der sie sich ein anderes Selbstbewusstsein holen. Selbst wenn sie dann scheitern, haben sie den anderen dennoch gezeigt, wozu sie eigentlich fähig sind.
Berufsverbote oder eine zeitweise Abstinenz
Würde es reichen, den Politikern drastisch mehr Gehalt zu zahlen? Unabhängig davon, dass diese Lösung des „Diätenthemas“ bei den Wählern sehr negativ aufgenommen würde, also politisch brisant wäre, wäre sie ein leerlaufender Anreiz. Natürlich würde man das Gehalt mitnehmen, aber das grundlegende Problem, die Unsicherheit nach der Politik, wäre damit nicht gelöst. Was bei den Ministern und Staatsekretären als anteilige Fort- und Dauerzahlung ihres ehemaligen Gehaltes bereits praktiziert wird, sollte für die Abgeordneten ebenso gelten. Die Übergangsgelder gelten nur für 18 Monate und dienen der Berufswiedereingliederung. Aber das eben ist das hohe Risiko, das Politiker eingehen – nicht wieder in den Beruf zu kommen, weil sie alt und „out of knowledge“ sind. Die Alterssicherung hingegen sollte erheblich aufgestockt werden und sofort nach Ende der Politikkarriere fällig werden. Parallel dazu sollte es ein Berufsverbot in jenen Bereichen geben, in denen die Politiker in Ausschüssen oder sonst wie an den Gesetzgebungen beteiligt werden. Oder wenigstens fünf Jahre Abstinenz.
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