Qualitätsmanagement? Kitsch!
Qualitätsmanagement wird oft als impulsgebend und innovativ gefeiert. Dabei ist es in erster Linie eher politisch korrekt, konservativ – und: kitschig.

Qualität – oder zumindest die Rede davon – ist en vogue, Qualitätsmanagement ist das Gebot der Stunde: In Unternehmen sowieso, aber neuerdings auch in Krankenhäusern, Schulen, Universitäten und so weiter. Der Grund dafür dürfte nicht zuletzt sein, dass es sich bei Qualitätsmanagement um ein kitschiges Wohlfühl-Arrangement handelt, vergleichbar der ebenfalls hoch im Kurs stehenden „Politischen Korrektheit.“ Beides sind Versuche, den in der Postmoderne verloren gegangenen Glauben an Sicherheit zu rehabilitieren und dabei mit einfachen Formeln bzw. mechanistischen Prinzipien für neue Übersichtlichkeit inmitten beunruhigender gesellschaftlicher Komplexität und Kontingenz zu sorgen. Qualitätsmanagement versucht nämlich, der unübersichtlichen und unsicheren Wirklichkeit auf „politisch korrekte“ Art und Weise Herr zu werden – und zwar mit einer im Kern kitschigen Ästhetik des Mechanischen: „Kitsch is mechanical and operates by formulas“, wie C. Greenberg schreibt, „it takes the disturbing and makes it comforting.“ So ist auch das Ziel von Qualitätsmanagement die bestmögliche, beinahe bedingungslose Befriedigung der Wünsche von Kundinnen sowie in weiterer Folge das Bewahren ebendieser Kundinnen vor Irritation, Verunsicherung und bitteren Enttäuschungen (oder zumindest vor unangenehmen Überraschungen): Wie das kitschige Bild eines Sonnenunterganges am Meer die Erwartungen seiner Betrachterinnen nicht durch störende Elemente (wie herumliegende Bierdosen) enttäuschen darf, so bemüht sich Qualitätsmanagement um die Erfüllung der Erwartungen seiner Kundinnen: „Qualität ist der Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt“, wie die DIN-ISO als Doyenne des Qualitätsmanagementdiskurses erklärt.