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> Klaus Wowereit und die Start-up-Industrie

Der Gründermeister

Klaus Wowereit trifft zum ersten Mal Vertreter der Start-up-Industrie. Es sollen weitere Begegnungen folgen.

The European

Der Regierende gibt sich zielstrebig und ergebnisorientiert: „Das hier ist ein Auftakt. Wir müssen den Dialog strukturiert fortsetzen. Sonst ist das eine Eintagsfliege und dieses Treffen ineffizient.“ Immerhin, das klingt schon etwas nach der Management-Sprache der Start-up-Industrie, deren Vertreter Klaus Wowereit an diesem Nachmittag vor sich hat. Rund vierzig Unternehmerinnen und Unternehmer sitzen Klaus Wowereit gegenüber. Bevor der Regierende zu der Gruppe dazukam, wurde in Arbeitsgruppen zu Themen gearbeitet, die das Land Berlin vorher als Bereiche definiert hat: Wie sieht es mit Finanzierungen aus, wie mit der Infrastruktur für die Start-ups? Gelingt es, die besten Köpfe in die Stadt zu holen?

„Machen Sie Lobbyarbeit“
Klaus Wowereit wird mit einigem konfrontiert: mit Ausländer-Behörden, in denen es zugig ist und in denen kein Englisch gesprochen wird. „Wir brauchen eine Willkommens-Kultur“, sagt er dazu und zeigt sich mehr als offen für das Anliegen der Branche. Gleichzeitig entführt er die sonst weit reisenden Internet-Unternehmer in die Niederungen tagespolitischer Mühlen: „Diese Ämter unterstehen den Bezirken. Die Bezirke klagen über mangelnde finanzielle Ausstattung. Wenn wir dann noch kommen und zusätzlich englischsprachiges Personal einsetzen wollen, können Sie sich vorstellen, was mir gesagt wird.“ Dass solche Beschreibungen schwer zu denen eines Unternehmers passen, der in wenigen Jahren mit Games für das Handy ein 500 Mitarbeiter starkes Unternehmen aufgebaut hat, wird schnell deutlich. Sechzig Prozent seiner Mitarbeiter sind aus dem Ausland, das Unternehmen hat zwanzig Wohnungen in der Stadt angemietet, in denen die neuen Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland in den ersten Wochen unterkommen. Er hat drei Mitarbeiter, die sich ausschließlich um den Verwaltungskram kümmern, mit zu den Behörden gehen, helfen, dass ein Konto eröffnet werden kann. Jede Menge Klein-Klein. Nicht jedes Start-up ist dazu in der Lage. Hier ist die Politik gefragt. Englischkurse zu bezahlen und mal ’ne Blume im Amt aufzustellen klingt dagegen wie Pillepalle. Klaus Wowereit überbrückt mit seiner gewinnenden Art die Distanz, die zwischen öffentlicher Verwaltung und dynamischen Jungunternehmen naturgemäß besteht. Er hat auch Kritik im Gepäck: „Sie müssen sich organisieren. Machen Sie Lobbyarbeit für Ihre Unternehmen, für die Anliegen Ihrer Branche.“ Da hat es ihn sicher gefreut, dass es nun einen neuen Verband gibt, dessen Gründer auch anwesend waren. Die Anregungen für den Regierenden Bürgermeister waren vielfältig: Das Land Berlin solle gegen die Bundesratsinitiative gegen den Wegfall der Steuerstundung nach Veräußerung von Start-up-Anteilen votieren. Die gegenwärtige Regelung sieht vor, dass Steuer gestundet, also nicht fällig, wird, wenn ein Unternehmer das Geld, das er beim Verkauf eines Unternehmens oder von Unternehmensanteilen erwirtschaftet, wieder in neue Unternehmen investiert. Sehr viele Start-up-Unternehmer machen dies. So ist ein Ökosystem an Unternehmertum entstanden, in dem die Erfolgreichen der Branche der nachfolgenden Generation ermöglichen, mit neuen Ideen und Geschäftsmodellen am Markt Erfolg zu haben. Der Bundesrat kam auf die Idee, initiiert durch einen europäischen Richterspruch, dieses Privileg zugunsten einer europäischen Harmonisierung zu kippen. Die Alternative, die besteht, nämlich ausländischen Investoren dasselbe Privileg einzuräumen, sahen sie erst einmal nicht. Die Bundesregierung hat sich unterdessen gegen den Vorstoß des Bundesrats gestellt. Klaus Wowereit ist diesem Anliegen der Start-up-Industrie gegenüber offen. Er weiß, dass in seiner Stadt zum ersten Mal seit der Wende eine Branche erwächst, die sich selbst weiterentwickelt, in der Innovation im Zentrum steht und die nicht sofort – auch das wurde bei der Runde im Roten Rathaus deutlich – nach Geld und Subventionen ruft. Wenn die Kollegen im Bundesrat den Anreiz für Start-up-Unternehmer killen, killt das auch einen Teil der Innovationskraft des Bundeslandes, das im vergangenen Jahr bei seinen Wachstumszahlen, auch dank der Start-up-Industrie, wie Klaus Wowereit betont, zugelegt hat.
Weg von „Arm aber sexy“
Die Wünsche an den Regierenden sind nahezu alle schnell und ohne große Kosten umsetzbar: Klaus Wowereit möge im Aus- und Inland für die Industrie werben, vor allem bei potenziellen Investoren. Die Stadt, so heißt es in der Runde, müsse von dem „Arm aber sexy“-Slogan weg zu einem neuen Image als innovative Gründerstadt. Klaus solle dabei der „Gründermeister“ werden – ein Begriff, der dem Regierenden sehr gut gefällt. Der Auftakt ist gemacht. In den kommenden Monaten sollen kleine Gruppen die nächste Plenumssitzung mit dem Regierenden vorbereiten. Es sind vor allem Verständnisfragen, die im Roten Rathaus im Gespräch zu erklären sind: Wie arbeitet die Industrie, was sind ihre Geschäftsmodelle? Welche Mitarbeiter brauchen sie und welche Ausbildungswege und Maßnahmen wären dafür notwendig? Die Konkurrenz für Berlin ist groß: Städte im In- und Ausland werben um die Gunst der Start-up-Industrie. Das „Zeitfenster der Gelegenheit“ wird nicht ewig offen stehen. Berlin darf seine Chance nicht ungenutzt lassen. _Newconomy ist die neue Kolumne der Berliner Start-up-Industrie. Sie beschreibt Szenen auf der Schnittstelle zwischen neuer und klassischer Ökonomie, zwischen Politik und Unternehmertum. Newconomy ist gesponsert durch die Factory, "der neue Start-up-Standort in Berlins Mitte":http://blog.theeuropean.de/2012/06/kooperation-mit-the-factory/ "https://www.facebook.com/FactoryBrln":https://www.facebook.com/FactoryBrln "www.factoryberlin.com":http://www.factoryberlin.com twitter: "@factoryberlin":https://twitter.com/factoryberlin._
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