Macht statt Gemeinwohl
Glaubt man den Zweiflern, dann herrschen bei den Verhandlungen in Cancún Machtkalküle und Profitinteressen statt Gemeinwohlorientierung und Vernunft. Doch wer die UN-Klimaverhandlungen als sinnlos schmäht, macht einen Fehler.

Kopenhagen hat die Welt enttäuscht, von Cancún erwartet niemand mehr etwas – die Klimagipfel gelten derzeit als Tiefpunkte internationaler Politik. Bei den Verhandlungen von 194 Staaten herrschen Machtkalküle, Profitinteressen und schlichte Vorurteile statt Gemeinwohlorientierung und Vernunft, so in etwa nehmen das auch Wohlmeinende wahr. Wer aber die UN-Klimaverhandlungen als sinnlos schmäht, macht einen Fehler. Wer Politikern vorwirft, statt in den Dimensionen des für Jahrhunderte wirksamen Klimawandels nur in Wahlperioden zu denken, ändert damit nichts. Wer von einem unabhängigen Expertengremium träumt, das für die Klimapolitik formuliert, ein Rat weiser Philosophenkönige, verkennt die Realität. Aber: Die internationale Klimapolitik zeigt, das Verhältnis von Politik und Wissenschaft bedarf einer Neudefinition. Der Weltklimarat IPCC bietet die Wissensbasis für alle Klimapolitik. Umso wichtiger ist, dass er seine Sache richtig macht. Als der Weltklimarat vor etwa einem Jahr so "heftig attackiert(Link)":http://www.theeuropean.de/rajendra-pachauri/1748-im-gespraech-mit-rajendra-pachauri wurde, ging es nur oberflächlich um einen ärgerlichen Zahlendreher bezüglich der Himalayagletscher. Viele hatten das Gefühl, hier bilde sich eine Expertokratie, die anderen vorschreiben wolle, wie sie zu leben und was sie zu tun hätten. Deshalb muss der IPCC künftig noch stärker als früher alle gangbaren Wege darstellen, wie die Menschheit mit dem Klimawandel fertig werden kann. Er wird mit Szenarien arbeiten, der Politik also unterschiedliche Wege und deren jeweilige Chancen und Risiken aufzeigen – statt den einen besten Weg zu empfehlen.