„Das Leben in Berlin wird nie perfekt sein“
Italiener sind leidenschaftlich und essen Pasta – nur arbeiten tun sie nicht so gerne. Oder? Alessandro Cassigoli und Tania Masi haben einen Film über Italiener in Berlin gemacht. Julia Korbik erzählen sie, warum „La Deutsche Vita“ gar nicht erst versucht, auf Klischees zu verzichten.

*The European: Herr Cassigoli, "Frau Masi":http://www.theeuropean.de/tania-masi: Ihr Dokumentarfilm "„La Deutsche Vita“":http://www.ladeutschevitaderfilm.com/ beginnt recht bedrückt – Sie erwähnen die typische „Winterdepression“, die Italiener in Berlin befällt. Hat die Winterdepression Sie dieses Jahr schon erwischt?* Cassigoli: Nein, dieser Winter war bisher der allerbeste! Aber generell stimmt es: Die Winterdepression erwischt mich jedes Mal. Wir haben sie tatsächlich als Ausgangspunkt für unseren Film benutzt – und gleich zu Anfang beschlossen, nur im Winter zu drehen. Wir mögen diesen Kontrast zwischen dem Winter und den Italienern, die durch die Stadt laufen und mit ihren Problemen klarzukommen versuchen. Man liest den Titel „La Deutsche Vita“ und blickt gleichzeitig auf den grauen Himmel. Masi: Im Sommer ist es leicht, Berlin zu mögen – man hat Spaß, alles ist angenehm. Aber der Winter ist wie eine natürliche Selektion: Menschen, die damit klarkommen, und solche, die nicht damit klarkommen. Wir haben uns entschieden, in dieser Stadt zu leben, also mögen wir es natürlich hier. Trotzdem: Was für mich wirklich schwer zu akzeptieren ist, ist der graue Himmel. Dieser Berliner Winter war bisher der tollste – und ich lebe hier seit 1998! *The European: Im Film sagen Sie, die Winterdepression sei „der Moment, in dem einem klar wird: Man ist Migrant.“ Wie muss man das verstehen?* Cassigoli: Ich würde es die „Sieben-Jahres-Krise“ nennen, weil ich seit sieben Jahren in Berlin lebe. Am Anfang dachte ich immer: „Vielleicht ziehe ich zurück nach Italien, vielleicht in eine andere Stadt.“ Im siebten Jahr gibt es plötzlich diesen Moment, in dem man realisiert: „Ich ziehe nicht mehr umher, ich werde wahrscheinlich hier bleiben.“ Und dann beginnt die Konfrontation. *The European: Wie ist die Idee, einen Film über in Berlin lebende Italiener zu machen, entstanden?* Masi: Alessandro und ich sind in Florenz zusammen zur Schule gegangen. Durch Zufall haben wir uns Jahre später in Berlin wiedergetroffen. Wir haben beide Filme gemacht und begonnen, uns über all die Italiener zu unterhalten, die in Berlin eintrafen – sehr viel mehr als noch zehn Jahre zuvor. Wir merkten, dass da eine Art Bewegung im Gange war und wollten ein Bild von diesem Augenblick machen. Es ist interessant: Vor 20 Jahren wollten die Italiener, die nach Berlin kamen, in der Industrie arbeiten, in Fabriken, in der Gastronomie. Die Italiener, die heute kommen, haben einen Master-Abschluss oder einen Doktor. Sie kommen nicht nur, um zu arbeiten – sie kommen, um ihr Leben zu verbessern. Cassigoli: Wir wollten diese Dinge durch unsere Augen filtern, indem wir etwas sehr Persönliches machten – keine Erhebung oder wissenschaftliche Untersuchung.