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Apple ist der Gatekeeper

Das iPad bietet den Verlagen nicht nur neue Verbreitungsmöglichkeiten. Das Apple-Produkt zwingt sie dazu, neue Online-Angebote zu entwickeln. Das herkömmliche Presse-Grosso-System ist ein Auslaufmodell.

The European

Mit seinen iMac- und MacBook-Reihen hat Apple längst die technologische Führung bei Computern übernommen. Durch das iPhone hat sich nicht nur ein neuartiger Mobilfunkmarkt, sondern ein echtes mobiles Internet und ein ganz neues Verhalten in der flexiblen Software-Nutzung ergeben. Mit einem einzigen Klick wird die Software auf das Gerät geladen und installiert sich von selbst, abgerechnet wird per Kredit- oder Gutscheinkarte. Mit der Kombination eines äußerst leistungsfähigen Shops für Musik, Videos und Software hat Apple schon vor der Einführung des iPads die Grundlage für eine schnelle Verbreitung des neuen Produkts gelegt. Die Kaufabwicklung kennen weit über 100 Millionen Apple-Kunden, sie zählt zu den einfachsten im Internet. Auf diese Weise hat Apple 2009 mehr als 50 Milliarden Dollar umgesetzt. Es ist leicht zu ermessen, welche Marktmacht Apple im Bereich Software für mobile Endgeräte aufgebaut hat. Apple wird den Verlagen und Journalisten die Möglichkeit geben, ihre eigenen Produkte zu erstellen. Dank der multimedialen Fähigkeiten des iPads werden Bilder, Videos und Musik mit Texten zusammenwachsen. Der Kombination aller bisher bekannten Medien in der Darstellung auf einem einzigen Gerät sind keine Grenzen mehr gesetzt, alles kann auf dem iPad erscheinen; alles eine Frage der Software, die Apple in Perfektion beherrscht.

Apples Megastore
Apple hat es verstanden, die gesamte Wertschöpfungskette in seine Produktstrategie einzuschließen und zu kontrollieren. Das Unternehmen hat die Kunden, beherrscht die Abrechnung, die Softwarebasis und ein weltweites Vertriebssystem. Apple muss nur noch die Kreativität der Menschen herausfordern, um damit Umsatz zu machen. Und auch das gelingt ihnen üblicherweise außerordentlich gut. Mit diesem Megastore im Hintergrund könnte Apple mit seinem iPad schnell zum größten Verleger der Welt werden. Wenn das iPad auf dem deutschen Markt etabliert ist, wird sich vor allem zeigen, ob die deutschen Verlage reif für die neue Technik sind. Das iPad mit seinen besonderen Chancen wird für sie zur Nagelprobe. Wer an diesem neuen Markt teilhaben will, muss jedoch die Zusammenhänge in der digitalen Welt verstehen. Die Verbreitung von Nachrichten werden die neuen Geräte wie das iPad selbst übernehmen. Also wäre es falsch, im iPad einen weiteren schicken eBook-Reader zu sehen. Apple nimmt den ganzen Markt der Unterhaltung und Information ins Visier, Nachrichten inklusive. Wer Apple und die Stärke seines Megastores unterschätzt, verliert schnell den Anschluss an die digitale Welt. Hinzu kommt, dass das iPad die gleiche Größe hat wie das Amazon Kindle – eine durchaus beachtenswerte Nebensächlichkeit: Zwei digitale Supermächte sind in einem Produktdetail einer Meinung.
Es geht um alles
Die Digitalisierung von Büchern durch Google gibt im Vergleich zu den mit dem iPad verbundenen Entwicklungen nur einen kleinen Vorgeschmack auf das, was uns erwartet: Jetzt geht es einer digitalen Supermacht nicht mehr um das fertige Produkt, um ein erschienenes Buch, also die Vergangenheit. Jetzt geht es um die Gegenwart und die Zukunft, um alle gedruckten Medien, die sich entmaterialisiert in der digitalen Welt wiederfinden – auf einem iPad. Die “New York Times” ist eine Kooperation mit Apple eingegangen. Da muss man sich fragen, ob die deutschen Verlage eine Antwort auf die Herausforderung ihres Kerngeschäfts durch das iPad haben. Es geht nicht mehr um die Frage, wie man Online-Gratisangebote vermarktet, es geht um alles. Dieses Gerät lässt den Nutzer jede Information an jedem Ort zu jeder Zeit lesen – frisch aus dem Apple iBookStore, nicht vom Kiosk um die Ecke. Es müssen schleunigst Online-Angebote der Verlage her, denn jetzt besteht, bei einer weiten Verbreitung des iPads, die Möglichkeit, die Inhalte gegen ein – wenn auch um den Apple-Anteil vermindertes – Entgelt für den Qualitätsjournalismus zu erheben. Apple ist der neue Gatekeeper. Fraglich ist, ob das Presse-Grosso-System noch eine Zukunft hat.
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