Vom Nashorn lernen
Die Welt erleben, das Ferne und Fremde daheim bestaunen – Kultur leistet auch Integrationsarbeit. Kaum jemand weiß das besser als Neil MacGregor, Hüter der kulturellen Identität Großbritanniens.

Als Albrecht Dürer 1515 einen Holzschnitt mit der Darstellung eines Nashorns fertigte, konnte er nicht wissen, dass dieses Tier Jahrhunderte später zum Symbol des kulturellen Diskurses und der anthropologischen Diskussion werden würde. Dies zumindest für den visionären und kreativen „Hüter der kulturellen Identität“ Großbritanniens, den Direktor des British Museum, Neil MacGregor. Im Rahmen eines Vortrags im Alten Museum in Berlin erläutert er, dass dieses Nashornabbild bis in die 50er-Jahre des 20. Jahrhunderts eine beliebte Möglichkeit für Europäer war, sich ein Bild von der Welt zu machen, die sie weder kannten noch verstanden. Es war ein Versuch, sich die Welt und damit sich selbst als Teil davon zu erklären und zu verstehen. Diese Art des „Reisens“ diente und dient dem Zweck, Kulturen kennenzulernen, aber das Entscheidende ist, dass wir unsere eigene Kultur nach den gewonnenen Erfahrungen mit anderen Augen sehen. Wir sehen, dass unsere eigene Gesellschaft auch anders sein könnte.