„Negativer Nationalismus“ oder Wahrheitssuche? Revisionisten am Werk!
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Bleibt ein Verbrechen, das aufgedeckt worden ist, nicht auch noch nach über einem Jahrhundert ein Verbrechen? Und wie ist es mit dem klar dokumentierte Kriegswillen des deutschen Militärs im Juli 1914? Eine Replik auf Peter Hoeres.

In seinem "Beitrag vom 8. März 2018":https://www.theeuropean.de/peter-hoeres/13661-die-grosse-historiker-debatte schwingt sich Peter Hoeres auf das hohe Ross des modernen, aufgeklärten und – wir wollen es nicht unterschlagen! – smarten Historikers, der sich mit einer kräftigen Portion Nonchalance und Unverfrorenheit von all denjenigen distanziert, die unter Unmengen von Staub irgendwo in den 1960er Jahren „steckengeblieben“ seien. Die „Logik der Forschung“, erklärt uns der Professor aus Würzburg jovial, ziele auf „Revision älterer Ergebnisse“. Wie lange haben wir doch auf solche Belehrung gewartet! Nur hätte sie schon ein wenig anspruchsvoller und weniger naiv ausfallen dürfen! Sind in „älteren“ Studien formulierte Erkenntnisse, so ist ihm zu entgegen, unisono obsolet, nur weil einige Jahre oder Jahrzehnte ins Land gegangen sind? Hat ein Hermann Kantorowicz, dem nicht erst die Nationalsozialisten das Leben mehr als schwer machten, sondern bereits die Repräsentanten der deutschen Republik, die seine Untersuchung über den Ausbruch des Ersten Weltkrieges in den Aktenschränken des Auswärtigen Amtes verschimmeln ließen, heute nichts mehr zu sagen? Besitzt seine vor nunmehr neunzig Jahren mit juristischer Schärfe und ebensolcher Eloquenz formulierte Enthüllung der Manipulationen des Deutschen Weißbuchs vom 3. August 1914 keine Gültigkeit mehr? Ist es der Faktor Zeit schlechthin, der über die Relevanz von historischen Untersuchungen richtet? Oder gibt es nicht vielmehr Grundkonstanten der Erkenntnis, die auch die Debatten der folgenden Jahrzehnte standhalten? Bleibt ein Verbrechen, das aufgedeckt worden ist, nicht auch noch nach über einem Jahrhundert ein Verbrechen? Wie etwa der klar dokumentierte Kriegswillen des deutschen Militärs im Juli 1914? Oder die Tatsache, dass Frankreich auf Vorschlag des französischen Generalstabs seine Truppen zehn Kilometer von der Grenze zurückzog, um seine Friedfertigkeit zu unterstreichen, damit aber auch das wichtige Erzbecken von Briey preisgab? Oder die Zusicherung des Foreign Office vom 30. Juli 1914, für den Fall der Friedenssicherung eine „Abmachung“ mit Deutschland treffen zu wollen, in der diesem „die Sicherheit“ gewährt werden sollte, „dass Frankreich, Russland und England – gemeinsam oder einzeln – keine feindselige oder aggressive Politik“ verfolgten.