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> Griechenland und die Finanzkrise

Sparta. Spare.

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Alle dissen Griechenland. Aber zieht den Zeigefinger mal schnell wieder ein.

The European

Juhu, es ist Finger-Zeig-Zeit. Wieder mal: Griechenland. Wirtschaftsminister und FDP-Chef Philipp Rösler wünscht „mehr Führung und Überwachung von außen“. Unionsfraktionschef Volker Kauder will einen Staatskommissar mit Vetorecht (für Griechenland). Und Patrick Döring, Generalsekretär der Regierungspartei FDP, sprach am Montag gleich für ganz Europa und sagte: Europa sei nicht bereit, Athen „um jeden Preis zu helfen“. Man mag das Wort Griechenland gar nicht mehr in den Mund nehmen, denn sonst wenden sich alle genervt ab. Oder sie sagen: Egal, die Sonne geht immer noch vor Santorin unter. Oder: Beim Gyros fragt wenigstens keiner, ob scharfe Soße. Oder: Was macht eigentlich Vasily Sarikakis von der Lindenstraße?

Keine Lust zu sparen
Wir haben ihn angerufen. Er findet, Griechenland sei pleite, ein Staatskommissar Unsinn und dass ewig die Banken unterstützt würden, müsse aufhören. Genau darüber streiten in Brüssel, Berlin, Paris und Athen nun Politiker, Banker, Wirtschaftsführer und Experten. Wie das Schuldendrama beenden und dabei die Euro-Zone nicht zerstören? Die einen sind für einen Schuldenschnitt und die geordnete Insolvenz. Die Nächsten für den Austritt aus der Euro-Zone. Und die Dritten für einen Marshallplan. Ich muss zugeben, dass ich in diesen Fragen kein Experte bin. Rat suchend schlage ich also das aufgekratzte Nachrichtenmagazin mit dem roten Rand auf. Und lese zu meinem Nicht-Erstaunen darin, dass die Bundesländer Probleme mit der Schuldenbremse haben. Dabei rechnen die gar nicht in Drachmen. Sie haben auch tolle Industriebetriebe und stabile Einnahmen dank der guten Wirtschaftslage. Trotzdem verspüren die Landesregierungen von Berlin bis Saarlouis offenbar wenig Lust, zu sparen – wenn man genauso gut munter Geld ausgeben kann.
Also: mal halblang
Um genau das zu verhindern, haben die Länder übrigens einen Sparkommissar. Es ist der Stabilitätsrat. Achtzehn Politiker sitzen darin – sechzehn sind Landesfinanzminister. Da sind knallharte Konsequenzen vorprogrammiert. Da können sich die Griechen gleich ein Vorbild nehmen. Auch der Bund hat es geschafft, trotz glänzender Einnahmen, properem Arbeitsmarkt und allseits guter Stimmung wieder deftig Schulden zu machen. Ja, 17 Milliarden sind deftig. Wenn auch weniger deftig als geplant. (Ich weiß, es ist spießig, so zu denken, aber so bin ich. Meine Bank würde mir was husten.) Nur: Warum war in diesen Glanzzeiten kein ausgeglichener Haushalt drin? Immerhin zeigt die Schuldenuhr beim Bund Deutscher Steuerzahler stur über zwei Billionen Euro. (Immer noch spießig.) Und noch was: Während sich der Boulevard darüber aufregt, dass die Finanzämter in Griechenland nicht funktionieren, verschenkt der deutsche Zoll täglich geschätzt elf Millionen Euro, weil er unterbesetzt ist. Also: mal halblang. Die Stimmung in Griechenland ist uns Deutschen gegenüber inzwischen so mies, dass Guido Westerwelle Geld freigegeben hat, damit die politischen Stiftungen wieder Büros in Athen eröffnen. Natürlich, so wird man sich beim Ouzo einig werden, ist in Griechenland vieles nicht beim Besten und das berühmte „Aber selber“-Argument bringt uns da alle auch nicht weiter. Doch der demütige Blick auf die eigenen Versäumnisse sollte uns dazu bewegen, mindestens genauso viel Energie darauf zu verwenden, den eigenen Laden aufzuräumen, wie andere an ihre Schmuddelecken zu erinnern. _log in fragt am Mittwoch um 21 Uhr: „Zurück in die Zukunft: Erst Hellas bankrott, dann wir?“ Im Livestream unter "login.zdf.de(Link)":http://blog.zdf.de/zdflogin/ und im Fernsehen auf ZDFinfo. Leserbriefe von The European können in der Sendung aufgegriffen und diskutiert werden._
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