Bringt uns „Jamaika“ die Europäische Armee?
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Die EU diskutiert intensiv über die Verzahnung ihrer Armeen. Ein Schlüssel dazu liegt in Berlin. Wird "Jamaika" das Tor zur Europäischen Armee öffnen?

Wenn die Jamaika-Koalition tatsächlich zustande kommt, könnte Deutschland bei einem wichtigen europäischen Thema eine Führungsrolle in der EU übernehmen. Gemeint ist die Verwirklichung einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion (ESVU). Sie ist seit 2003 in Richtlinien des Bundesministeriums der Verteidigung festgeschrieben, wurde jedoch auf EU-Ebene immer wieder ausgebremst, insbesondere aus London. Dabei war es der damalige britische Premier Winston Churchill, der schon 1950 eine “Europäische Armee unter demokratischer europäischer Kontrolle“ vorschlug – und an Frankreich scheiterte, das heute ganz anders denkt. Nun, da Großbritannien die Scheidung von der EU eingereicht hat, ist mehr als nur Bewegung in die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU (GSVP) gekommen. Schon in wenigen Wochen sollen interessierte EU-Regierungen gemeinsame Rüstungsprojekte vorschlagen, ist aus dem Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) in Brüssel zu hören. Und dann geht es Schlag auf Schlag: noch vor Jahresende sollen 20 interessierte Staaten den rechtlichen Rahmen einer ESVU regeln. Danach wird die Finanzierung festgelegt. Rückt damit sogar das Fernziel einer Europäischen Armee näher? Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat in einem öffentlich wenig beachteten Zeitschriftenartikel schon mal Pflöcke eingeschlagen. Nach den Worten der CDU-Politikerin kommen „gemeinsame Truppen, die in der Krise schnell eingesetzt werden können oder eine gemeinsame Cyberabwehr." Das ist fast deckungsgleich mit Plänen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der in seiner Ruckrede an der Pariser Universität Sorbonne eine gemeinsame „Eingreiftruppe“ und einen gemeinsamen Verteidigungshaushalt vorgeschlagen hatte – zu verwirklichen bis 2020.