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> Finanzhilfen für Griechenland

Sicherheit Europas beginnt an der Akropolis

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Deutschland hat ein vitales Interesse, dass Griechenland geholfen wird. Geht der Staat pleite, bleiben viele deutsche Banken auf ihren Krediten sitzen. Bleibt die Frage, welche Länder künftig noch Finanzhilfen beanspruchen.

The European

Die öffentliche Diskussion staatlicher Hilfen wurde erbittert geführt. Ich sehe darin auch nichts Beunruhigendes; immerhin bestreitet keine Nation Hilfen in solcher Größenordnung aus der Portokasse. Die Auseinandersetzungen sollten jedoch sachlich bleiben, was leider nicht immer der Fall ist. Erstens: Warum wird so oft vergessen, dass wir ein vitales Eigeninteresse daran haben, den Bankrott der Griechen zu verhindern? Griechische Giftpapiere befinden sich – man mag überrascht sein – zuhauf in Händen der Hypo Real Estate. Diese ist allein mit 7,9 Mrd. Euro in Griechenland engagiert. Griechische Staatsanleihen bei deutschen Banken belaufen sich insgesamt auf 45 Mrd. Euro. Entweder verwenden wir Steuergelder als Kredite, die aller Wahrscheinlichkeit nach mit Zinsgewinn zurückgezahlt werden. Oder wir sehen tatenlos zu und finanzieren einer Staatspleite hinterher. Zweitens: Ein gemeinsamer Wirtschaftsraum ist auch eine Solidargemeinschaft. “Rette sich, wer kann“ ist – zumal in einer vernetzten Welt – kein zeitgemäßes Motto mehr. Die antihellenistische Polemik lässt zudem eines außer Acht. Schon 2001 waren die Probleme bekannt. Besser gesagt: Sie hätten es sein können, hätte nicht der politische Wille allzu großzügig über ökonomische Defizite der Griechen hinwegsehen lassen. Um jeden Preis, man mag es wörtlich verstehen, wollte man Griechenland als Wiege der Demokratie auch in die EU integrieren. So wurden wohlwollend falsche Zahlen akzeptiert. Somit haben wir es nun mit einem gesamteuropäischen Phänomen zu tun, das auch ganz Europa nun gemeinsam bewältigen muss.

Es geht nicht um den Rentner, der seinen Ouzo genießt
Die spannende Frage lautet also nicht, ob Hellas Hilfe verdient, sondern: Welche Überraschungen warten noch auf uns in Portugal, Italien und Spanien? Man erinnere sich an den Fall Lehman Brothers. Seinerzeit erschien es angebracht, den Giganten fallen zu lassen, doch Bear Stearns folgte auf dem Fuß. Hier geht es nicht um den Rentner, der seinen Feierabend genießt und Ouzo trinkt, wie es die Boulevardmedien gern polemisch zuspitzen. Ohne ein Übermaß an Pathos ließe sich die bekannte Parole abwandeln: Die Sicherheit Europas wird auch an der Akropolis verteidigt. Noch eines erscheint mir wichtig: Wir sollten eine deutsche Hybris vermeiden, die alle Probleme der EU im Ausland sieht. Die Ursachen der Finanz- und Wirtschaftskrise sind klar, aber sie sind vielfältig. An erster Stelle steht die hohe Verschuldung der westlichen Industrieländer: Während die USA beispielsweise noch im Jahr 2000 ein Überschuss von 2,4 Prozent gemessen am BIP verzeichneten, besteht in diesem Haushaltsjahr ein Rekorddefizit von 1,56 Billionen US-Dollar. Weitere Faktoren sind extreme Ungleichgewichte im globalen Welthandel und ein US-Dollar als internationale Leitwährung, der die US-Notenbank zur Weltzentralbank macht. Durch das extrem flexible und wenig regulierte Finanzsystem in den Industrieländern schließlich werden kurzfristige Abweichungen vom langfristigen Trend extrem verstärkt.
Schwarzsehen müssen wir nicht
Für 2010 erwarten die großen Industrieländer wieder positive Wachstumsraten. Nun besteht die große Herausforderung darin, nachhaltiges Wachstum zu schaffen und die Verschuldung der Industrieländer zu reduzieren, die maßgeblichen Anteil an der wirtschaftlichen Misere haben. Es soll nicht zynisch klingen: Die gegenwärtigen Symptome sind Warnungen, kein Zusammenbruch. Konzertierte Maßnahmen, wie sie inzwischen auf dem Weg sind, können uns vor Schlimmerem bewahren. Schwarzsehen müssen wir dann auch nicht.
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