„Man darf Terroristen nicht einladen“
Auch zum zehnjährigen Bestehen von Guantánamo bleibt unklar, welche Rechte bei der Verurteilung von mutmaßlichen Terroristen gelten. Michael Kröber sprach mit dem Rechtswissenschaftler Günther Jakobs über das Risiko von zukünftigen Straftätern und das Gleichgewicht zwischen Bürgerrechten und Gefahrenabwehr.

*The European: Das deutsche Strafrecht – so Ihre These – trennt zwischen Bürgern und Feinden. Wonach unterscheiden sich die beiden Gruppen?* Jakobs: Das Strafrecht trennt eben nicht sauber. Nur wenn man das Strafrecht interpretiert, stellt man fest, dass zwei ganz unterschiedliche Sachen geregelt werden. Einmal wird ein Bürger, der delinquiert hat, wegen der begangenen Tat bestraft. Das ist das Bürgerstrafrecht. Aber dann gibt es Fälle, wo die strafrechtliche Reaktion, das kann eine Strafe oder eine Maßregel sein, allein durch die begangene Tat nicht erklärbar ist. Vielmehr nur als Mittel zur Bekämpfung der Gefahr kommender Taten. Und diesen Bereich habe ich Feindstrafrecht genannt, weil Personen, die demnächst gefährlich werden können, bekämpft werden. *The European: Sie sprechen sich aus für eine klare Kennzeichnung des Feindstrafrechts. Welche praktischen Konsequenzen hätte eine gesetzliche Verankerung dieser Unterscheidung?* Jakobs: Ob das gesetzlich verankert werden muss, darüber kann man streiten. Ich hatte das mal vorgeschlagen, aber erntete nur Gelächter. Jedenfalls muss man sich klar sein, dass es zwei unterschiedliche Typen von Strafrecht gibt und zwar aus folgendem Grund: Wir interpretieren das Strafgesetzbuch und die Strafvorschriften nicht isoliert, sondern sehen darin einen gewissen Zusammenhang. Und wenn wir in diesem Zusammenhang Bürger- und Feindstrafrecht haben, besteht eine große Gefahr, dass aus dem Feindstrafrecht Gedanken in das Bürgerstrafrecht einsickern. Das darf nicht passieren.