Die humane Gesellschaft
Wie wir bessere Menschen werden.

Unfehlbar ist wahr: Menschen sind fehlbar. Wir können die besten Absichten haben: Wenn Ort, Zeit oder anderes nicht passen, reitet uns ein Teufel. Und wir tun, was wir eigentlich nicht wollten oder beabsichtigten. Selig, wer sich und anderen das eingestehen kann. Schuld ist kein Modewort. Und wenn sich einer mal entschuldigt, klingt es wie bei der Deutschen Bahn: Die entschuldigt sich auch für unverschuldete Unannehmlichkeiten. Reine Vorsorge und Appell ans Gutmenschentum. Echt ist das dann nicht mehr. Schuld zu gestehen lässt eine Schwäche aufblitzen, die jeder hat. Und jeder kennt. Trotzdem: Keiner darf davon sprechen. Als Politikerin oder Politiker sitzt man zwischen Menschen, die man braucht und die einen auch brauchen: Da hat man zu funktionieren. Einen Fehler machen? Das bringt alles durcheinander. Einzugestehen, dass man versagt hat, ist schwer. Aus Angst, bestraft zu werden. Aus Angst, nicht mehr respektiert zu werden. Oder: aus Angst, nicht mehr gewählt zu werden. Auch deswegen, weil bevorzugt die Scheinwerfer eingeschaltet werden, wenn von einem Fehler zu berichten ist. Das Versagen hat eine größere öffentliche Lobby als die Versöhnung und der Neubeginn. Fehler bringen Quoten. Psychologisch verständlich. Die Öffentlichkeit will von der Unfehlbarkeit ihrer Repräsentanten ausgehen, als handle es sich um Vater oder Mutter, um ihnen dann ihre Fehler vorwerfen zu können. Es ist beste Methode, von der eigenen Fehlbarkeit abzulenken. Man fühlt sich erinnert an pubertäres Gehabe der Heranwachsenden, die den Eltern ständig vorwerfen, sie würden sich selber nicht an das halten, was sie von ihren Sprösslingen erwarten.