Die Armutslüge in Deutschland
Wie relativ der Armutsbegriff ist, wird nicht nur im internationalen Vergleich, sondern auch im historischen Vergleich klar: was heute in Deutschland ein Sozialhilfeempfänger hat, hatte in den 50er Jahren kaum der Durchschnittsverdiener.

Nichts kann den Politikern und Sozialverbänden, die Umverteilung zu ihrem Programm gemacht haben, unwillkommener sein als eine Überwindung der „Armut“. Da die absolute Armut (physisches Existenzminimum) in Deutschland praktisch überwunden ist, haben die Umverteiler den Armutsbegriff dynamisiert: als arm gilt, wer über weniger als 60 Prozent des Netto-Durchschnittseinkommens verfügt (derzeit für einen Einzelhaushalt 940, für eine Familie mit zwei Kindern 1780 Euro). Haushalte zwischen 60 und 70 Prozent des Durchschnittseinkommens gelten als an der „Armutsgrenze“ lebend, bei um 70 Prozent als „armutsgefährdet“. Auf diese Weise ist Armut nie zu überwinden und kann dem Kapitalismus immer eine schlechte Sozialbilanz ins Konto gesetzt werden: man kann recht wohlhabend und doch relativ arm sein, namentlich wenn „Reichtum“ schon bei einem Nettoeinkommen von 3000 Euro vermutet wird.