„Europas Handelsvorteil ist unfair“
Paul Collier spricht im Interview mit Alexandra Schade und Michael Kröber über fairen Handel, den Handel zwischen Europa und Afrika, finanzielle Sanktionen sowie den Arabischen Frühling. Demokratie, so Colliers Fazit, muss gelernt werden.

*The European: Wie fair ist fairer Handel?* Collier: Zunächst ist festzuhalten, dass für Menschen, die sich mit wirtschaftlicher Entwicklung auseinandersetzen, Handel einen besonders hohen Stellenwert hat. Handel ist nämlich bedeutender als Entwicklungshilfe, weshalb sich der Fokus auf die richtige Art zu handeln lohnt. Dabei hat sich die Fairhandelsbewegung oftmals nur auf Teilaspekte konzentriert. Fair gehandelter Kaffee hat nicht die allgemeine Nachfrage nach Kaffee erhöht, sondern sie nur von einer Sorte auf eine andere verschoben. Die Nachfrage nach fair gehandeltem Kaffee steigt, während sie nach nicht fair gehandeltem Kaffee sinkt. Dadurch steigt natürlich der Preis für fair gehandelten Kaffee, während der Preis für nicht fair gehandelten Kaffee sinkt. Ob diese Entwicklung als positiv zu bewerten ist, hängt davon ab, wer den Kaffee produziert. Im Wesentlichen geht es beim fairen Handel darum, eine Transaktionskette zu zertifizieren. Dies kann jedoch nur in einem Umfeld guter Regierungsführung gelingen. Fairer Handel ist ein ehrwürdiges Ziel, keine Frage. Dennoch ist Handelsökonomie häufig undurchsichtig. *The European: Wenn durch den eben beschriebenen Effekt, Bauern, welche Fair-Trade-Produkte anbauen, ein höheres Einkommen erwirtschaften, werden sich dann nicht auch andere Bauern dazu entschließen, auf den Fair-Trade-Zug aufzuspringen?* Collier: Hoffen wir es! Jedoch besteht die Gefahr, dass der Umstieg zu lange dauert und die Bauern in der Zwischenzeit ärmer werden. Aber das alles sind nur Nebenaspekte eines viel größeren Problems: der Handelspolitik. Hier muss eine Fairhandelsbewegung ansetzen und sich einbringen. Das Herzstück europäischer Handelspolitik mit Afrika sind die Partnerschaftsabkommen in der Wirtschaft. Das war bislang ein Euphemismus, "weil es bislang nur wenig Anzeichen für eine echte Partnerschaft gibt(Link)":http://www.theeuropean.de/debatte/4513-entwicklungshilfe-des-iwf. Viele afrikanische Regierungen standen den Angeboten aus Europa sehr ablehnend gegenüber. Verständlich, wenn man sich die Vorschläge der Europäischen Kommission ansieht. Es besteht Raum für Verbesserungen. Unter anderem verlangte die Kommission, dass Afrika seine Handelszölle zugunsten Europas liberalisiert. Sollte sich Europa durchsetzen, wären das keine guten Nachrichten für Afrika.