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> Europas Hilfen für Ägypten

Liebeslied an die EU

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Ägypten kann den Aufschwung und die Demokratisierung nur mit Hilfe von außen schaffen. Die EU ist dabei der Wunschpartner vieler Menschen im Land. Doch dazu bedarf es mehr als warmer Worte: Europa sollte der jungen Demokratie finanziell und organisatorisch unter die Arme greifen.

The European

Sogar während der ägyptischen Revolution haben die Menschen immer mit einem Auge in Richtung der USA oder der EU geschielt: Was hatten die dortigen Regierungen zu Mubarak und zu den Protesten zu sagen? Denn auch die basisdemokratischste Revolution braucht moralische Unterstützung aus Übersee, um gegen ein polizeigewaltiges Regime bestehen zu können. Nach anfänglichem Zögern hat sich auch die EU schnell hinter die Forderungen des ägyptischen Volkes gestellt und einen friedlichen Machtwechsel gefordert. Das Ansehen Europas im Nahen Osten ist daher auch aktuell sehr hoch, zumal die USA lange eine klare Linie zur Demokratisierung vermissen ließen. Die Entscheidung der EU, die Gelder von Mubarak und seiner Familie einzufrieren, wurde ebenfalls gut aufgenommen. Das Sperren der Konten war ein wichtiges Indiz für die schwindende politische Legitimation des Mubarak-Regimes und hat den Druck nachhaltig erhöht.

Hohe Erwartungen an die EU
Daher sind viele Ägypter jetzt der Meinung, dass auch nach der Revolution die EU "als wichtiger Partner bereitstehen sollte":http://www.theeuropean.de/martin-beck/5688-politische-zusammenarbeit. Doch was erwarten sie überhaupt? Die kurze Antwort: Viel! In den Augen vieler Ägypter sollte Europa "sich aktiv am Aufbau demokratischer Institutionen beteiligen":http://www.theeuropean.de/ahmed-driss/6937-die-eu-und-tunesien und als Berater seine politischen, technischen und juristischen Kompetenzen zur Verfügung stellen. Die Durchführung freier Parlamentswahlen könnte garantiert werden, wenn die EU sich bereit erklärt, die Rolle des Wahlbeobachters zu spielen. Dabei kann die Staatengemeinschaft durchaus auf Erfahrungen aus der Vergangenheit zurückgreifen: In den späten 90er-Jahren hatte die EU eine ähnliche Rolle in Osteuropa und auf dem Balkan inne. Europa ist außerdem der wichtigste Handelspartner Ägyptens. Im Nachgang der Revolution erwarten viele, dass diese Partnerschaft weiter ausgebaut wird und die EU am Aufbau der ägyptischen Wirtschaft aktiv mitwirkt. Vor allem im Bereich des Tourismus, der Finanzwirtschaft und der Banken mangelt es an Expertise – Europa könnte diese Lücke mit einem Hilfsprogramm füllen und den Wiederaufbau der Wirtschaft nach drei Jahrzehnten der Autokratie und Korruption vorantreiben. Und schlussendlich geht es neben dem Aufbau von Institutionen auch darum, eine nachhaltige demokratische Kultur zu etablieren. Die EU kann beim Aufbau der Zivilgesellschaft mithelfen und vor allem die Organisationen unterstützen, die seit dem Fall des alten Regimes gegründet worden sind. Die politische Beteiligung der Jugend muss verstärkt werden, der Dialog zwischen ägyptischen Politikern und europäischen Regierungsvertretern muss sich weiterentwickeln. Niemand – nicht einmal die Islamisten – sollten aus diesem Dialog ausgeschlossen sein. Ein gewisser Prozentsatz der Islamisten ist grundsätzlich bereit zur Diskussion – diese Öffnung sollten wir uns zunutze machen und den Dialog gemeinsam vorantreiben.
Der Wandel ist nicht zu stoppen
Der Wandel im Nahen Osten ist nicht zu stoppen. Es ist daher umso wichtiger, dass die Europäische Union eine ganzheitliche und effektive Strategie entwickelt, um mit diesen historischen Veränderungen zurechtzukommen. Die Demokratisierung sollte dabei ganz klar eine Priorität der europäischen Politik sein. Der Erfolg kennt keine Alternative: Ein Scheitern der Revolution würde nur zu weiterer Unzufriedenheit und Instabilität führen. Die EU hat die Chance, strategisch an diesem Prozess mitzuwirken und die Zukunft der Region für die kommenden Jahrzehnte "aktiv zu gestalten":http://www.theeuropean.de/parag-khanna/762-die-softe-supermacht. Doch dazu muss sich Europa hinter die junge Protestbewegung stellen und mehr versprechen als nur warme Worte. _Die englische Langfassung des Textes finden Sie im Booklet „Europe in Dialogue 2011/1“ der "Bertelsmann-Stiftung":http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/bst_engl/hx.xsl/index.html._
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