Die vier Chancen der FDP
Die Krise der FDP ist die Krise einer kleinen deutschen Partei, aber sie ist auch eine Krise des Liberalismus. Und in dieser Krise liegt nicht nur eine Chance.

Nach dem krachenden Zusammenbruch der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag herrschte für einen Moment Stille bei den Liberalen. Doch schnell folgte dem Schock wieder der Streit über den vergangenen und den künftigen Kurs der Partei – wie immer bloß ein Streit der Personen, dekoriert mit einer Prise Positionen. Völlig ohne Fundament und Verstand werden da „klassisch-liberal“ getaufte gegen als „Säusel-Liberalismus“ diffamierte Positionen in Stellung gebracht. Der Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich Genscher stärkt mit der Bemerkung, Euro-Gegner sollten sich den Parteiaustritt überlegen, den Märtyrer-Status von Frank Schäffler. Dessen Anhänger mobilisieren wiederum gegen Europaabgeordnete wie Michael Theurer, einen überzeugten Europäer, nachdenklichen Demokraten, erfahrenen Oberbürgermeister und einen der erfolgreichsten Wahlkämpfer der FDP. Den Liberalen fehlt vieles, an erster Stelle eine produktive Streitkultur. Ganz zu schweigen von einer echten Debattenkultur, die vom öffentlichen Gebrauch der Vernunft Zeugnis ablegen könnte. Sie stünde einer politischen Partei in der Tradition des liberalen Aufklärers Immanuel Kant gut an.