Kein Mensch ist eine Insel
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Das Urteil zur Präimplantationsdiagnostik ist kein Sieg der Freiheit und kein Zeichen von Liberalität. Es beschädigt vielmehr die Grundlage aller republikanischen Freiheit, die Gattungssolidarität.

In Zeiten, da die Regierung wankt und Positionen rascher wechseln, als Wimpern klimpern können, ist es gut, dass es Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gibt. Die Bundesjustizministerin hält Kurs. Sie fühlt sich zuverlässig wohl in der Rolle der Ahnungslosen mit besten Absichten. Dieses Schauspiel war nun wieder zu bestaunen. Der Bundesgerichtshof hat die Präimplantationsdiagnostik, die keine Diagnostik ist, sondern eine verwerfende Auslese genetisch suboptimaler Embryonen, gutgeheißen. Ein solches Prozedere nach dem Aschenputtel-Prinzip – die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen – widerstreite nicht dem Embryonenschutzgesetz. Schließlich diene der selektierende Blick einem hehren Ziel. Er verringere die Wahrscheinlichkeit, dass der entstehende Mensch an dieser oder jener Behinderung oder Krankheit leiden müsse.