Königin Europa I.
Vergesst Rettungsschirme und Sparpakete. Um die EU zu einen, brauchen wir eine Monarchie.

Wenn in ferner Zukunft die Geschichte des 21. Jahrhunderts aufgeschrieben wird, gebührt Baby George – Verzeihung, Prinz George Alexander Louis of Cambridge – ein ganz besonderer Platz in den Geschichtsbüchern. Das „Royal Baby“ ist laut „Washington Post“ immerhin das „bekannteste Baby weltweit“. So klein und schon so viel erreicht. Allerdings: Georges zukünftige Verdienste, mögen sie noch so ehrenwert und einzigartig sein, werden vermutlich nie an den einen großen Verdienst des zu diesem Zeitpunkt (November 2014) noch ungeborenen zweiten Kindes von Kate und William heranreichen. Ja, man kann es wohl so sagen: „Royal Baby N° 2“ hat mal eben so die Einigkeit des eher uneinigen Vereinigten Königreichs gesichert. Im September 2014 war es, als Schottland mit einer Abspaltung drohte und Duchess Kates Schwangerschaft gerade noch rechtzeitig verkündet wurde. In Medien und sozialen Netzwerken kursierte eine Zeichnung, auf der die Länderumrisse Schottlands und Englands auseinanderdriften. Schottland sagt: „Ich verlasse dich“, worauf England antwortet: „Ich bin schwanger“. Oh, du schöne Monarchie. Ob königliche Hochzeiten, Geburten oder Geburtstage: Die Welt nimmt Anteil. Kaum etwas eint die Menschen in einem Land so sehr wie royale Ereignisse. Alltagssorgen treten in den Hintergrund, strahlende Gesichter richten sich auf die Adelsrepräsentanten – so fern und doch so bürgernah. Was auf nationaler Ebene in Großbritannien, Schweden, Spanien oder Norwegen funktioniert, tut es auch auf europäischer Ebene. Bedarf dafür gibt es durchaus, denn die Europäische Union erlebt schwere Zeiten: Die andauernde Euro- und Wirtschaftskrise hat ihre Spuren hinterlassen, die Menschen zweifeln am EU-Personal und den Institutionen. Rettungsgipfel wurden einberufen, Spardiktate verkündet, Europäische Spitzenkandidaten sollten die EU-Parlamentswahlen an den Mann und die Frau bringen. All das mit mäßigem Erfolg. Zeit, über andere Möglichkeiten nachzudenken. Zeit für eine royale Lösung. Die Europäer und Europäerinnen hätten endlich überparteiliche Repräsentanten, die mit dem täglichen Einerlei der Politik nichts zu tun haben – dafür aber große Anziehungskraft und Identifikationspotenzial. Und die EU wäre tatsächlich „In Vielfalt geeint“.