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> Ein erster Aufstand gegen Merkel?

Werte-Union fordert Merkels Verzicht auf CDU-Parteivorsitz

Die Werte-Union nennt sich selbst einen „freiheitlich-konservativen Aufbruch“ – innerhalb der CDU, wohlgemerkt. Noch am Wahlabend wurde auf der Webseite dieser Gruppe in der CDU die Forderung gepostet, es müsse „personelle und inhaltliche Konsequenzen“ geben. Das bedeutet nichts weniger als die Anregung, Angela Merkel solle auf den CDU-Vorsitz verzichten. Der Beginn einer Palast-Revolution?

The European

Noch am Wahlabend tat sich etwas auf der Webseite des „freiheitlich-konservativen Aufbruchs“, FKA, der sich selbst als Werte-Union bezeichnet. Das „enttäuschende Ergebnis von CDU und CSU bei der heutigen Bundestagswahl“, so war zu lesen, zeige deutlich auf, dass der Kurs der Parteiführung fulminant gescheitert sei. Der FKA redet nicht lange drumherum, und defniniert die Politik der Bundeskanzlerin wörtlich als einen „Linkskurs“. Und ein weiterer, schwerer Vorwurf kommt, darauf aufbauend, umgehend: „Ohne diesen Linkskurs, insbesondere in der Asyl- und Migrationspolitik, hätte auch die AfD ihr gutes Wahlergebnis niemals erzielt.“ Der Vorsitzende der Werte-Union, Alexander Mitsch, erkärt: „Mit dem heutigen Wahlergebnis haben sich unsere schlimmsten Befürchtungen leider bewahrheitet. Seit ihrer Gründung verweist die Werte-Union regelmäßig darauf, wie wichtig es für ein erfolgreiches Abschneiden der Union bei Wahlen ist, ihr konservatives Stammklientel nicht zu Gunsten einer wechselhaften Laufkundschaft aufzugeben.“ Das ist deutlich. Für die neu zu bildende Regierung „Merkel IV“ hat der Freiheitlich-Konservative Aufbruch klare Vorstellungen: „Dem neuen CDU geführten Bundeskabinett sollten keine Minister mehr angehören, die durch ihre negative Außenwirkung maßgebliche Verantwortung für das schlechte Wahlergebnis tragen. Dies gilt im besonderen Maße für Ursula von der Leyen sowie Peter Altmaier.“ Nach dem völlig missglückten Versuch Altmaiers, potentielle AfD-Wähler vom Gang an die Wahlurne abzuhalten, könnten sie zumindest mit dieser Personalie sogar Verbündete finden. Auf der Webseite des FKA wird zudem FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner zitiert, der folgendes gefordert habe: „Aus dem Flüchtlingsstatus kann nicht automatisch ein dauerhafter Aufenthaltsstatus werden. Die Menschen müssen in die alte Heimat zurückkehren, sobald die Lage es dort zulässt.“ Alexander Mitsch erklärt geradezu provokativ: „Wir begrüßen ausdrücklich die klare Positionierung von Christian Lindner. Herr Lindner vertritt beim Thema Rückführung von Asylsuchenden Positionen, die wir als WerteUnion seit unserer Gründung vertreten. Mit ihrer deutlichen Positionierung in dieser wichtigen Frage vergrößert die FDP die Schnittmenge mit uns Konservativen in der Union deutlich.“ und nachdem die CSU unmittelbar nach der Bundestagswahl ihre Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge wieder vehement vertritt, dürften die kommenden Koalitionsverhandlungen in Berlin noch spannender werden, als ohnehin schon vermutet wird. Der Weg nach Jamaika – jeden Tag scheint er länger zu werden.

Forderung: „Trennung von Kanzleramt und Parteivorsitz“
Der FKA in der CDU fordert „insbesondere eine konsequente, an den deutschen Interessen ausgerichtete Asyl- und Zuwanderungspolitik, eine liberale Wirtschaftspolitik sowie ein klares Bekenntnis zum traditionellen Familienbild.“ Und nun, nach 33,0 Prozent bei der Bundetagswahl, reicht es den Konservativen in der CDU offensichtlich endgültig mit dem, was das Adenauerhaus als einen „Kurs der Mitte“ bezeichnet. Ein Neuanfang muss her: „Da dies mit dem für die bisherige neue, linke Ausrichtung – insbesondere der CDU – verantwortlichen Personal nicht möglich sein wird, müssen aus Sicht der WerteUnion dem enttäuschenden Abschneiden bei der Bundestagswahl auch personelle Konsequenzen folgen. Konkret fordern wir die Trennung von Kanzleramt und Parteivorsitz.“ De facto also: ein Neuanfang ohne Merkel. So beginnen Palastrevolutionen. Angesichts solcher Töne drängen sich Überlegungen auf, wie weit die "Merkel-Dämmerung":http://www.theeuropean.de/sebastian-sigler/12832-bundestagswahl-2017-markiert-einen-epochenwechsel in Wirklichkeit schon fortgeschritten ist. Ein Vergleich zu Gerhard Schröder drängt sich dabei auf. Der verkündete am 6. Februar 2004 nach erheblichen Einbußen bei seinen Popularitätswerten, er werde die Taschenuhr August Bebels an den SPD-Fraktionschef im Bundestag, Franz Müntefering, abtreten. Und gut ein Jahr nach dem Sonderparteitag, auf dem dieser Wachwechsel vollzogen wurde, sah er sich genötigt, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. Die verlor er mit nur 151 Ja-Stimmen. Seine Nachfolgerin war eine Frau, die bis dato nicht allzu sehr im Schweinwerferlicht gestanden hatte und der auch längst nicht jeder eine Kanzlerschaft zutraute: Angela Merkel. Wer steht derzeit eher etwas abseits in der CDU, wem traut man „Kanzler“ vielleicht zu, aber vielleicht nicht so richtig? Von solchen Kandidaten gibt es einige, nachdem im Laufe des letzten Jahrzehnts alle kommenden Alpha-Tiere in der CDU auf die eine oder andere Weise, aber immer sehr wirksam, Schiffbruch erlitten haben. Oder auf Posten gehoben wurden, die ihren politischen Untergang bedeuteten. Der neue Kanzler oder die neue Kanzlerin steht, wie auch immer, schon parat. Hält Angela Merkel die Zügel noch so fest in der Hand, wie es Außenstehenden erscheinen mag? Wie weit die Merkel-Dämmerung fortgeschritten ist, wird man sehen, wenn sie sich erst über Berlin senkt. Und das kann auch ganz schnell gehen. Vielleicht könnte sogar schon im späten hebst 2017 eine völlige personelle Umorientierung im Adenauerhaus der einzige Weg sein, um eine Jamaika-Koalition auf den Weg zu bringen. Stimmen wie aktuell die des Freiheitlich-Konservativen Aufbruchs in der CDU sind jedenfalls zuerst ganz leise – und je leiser sie sind, desto sicherer bekommen sie eine ganz große Zuhörerschaft. Irgendwann, vielleicht schon bald.
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